Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 61/2009
Ausgangslage
Der österreichische Verein für Fussgängerinnen und Fussgänger Walk-space.at veranstaltet in regelmäßigen Abständen in den österreichischen Bundesländern Fußgängerseminare. Diese dienen dem Austausch unter Fachleuten, der Vermittlung von guten Beispielen sowie der Bewusstseinsbildung von Bürgern, Planern und Entscheidern. In Salzburg fand eines dieser Seminare im Juni 2009 statt. Die Vorträge und die Ergebnisse der Workshops sind in einer Tagesdokumentation auf CD-Rom publiziert und bei Walk-space.at erhältlich. Das Seminar in Salzburg fand in Kooperation mit dem Magistrat für Stadtplanung Verkehr sowie der Wirtschaftskammer Salzburg statt. Es wurde von weiteren Organisationen unterstützt: dem Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds, dem Fonds Gesundes Österreich, dem Programm klima:aktiv mobil des Lebensministeriums, dem Umwelt-Service Salzburg sowie des Stadtbus Salzburg.
Inhalt
Das Fussgängerseminar legte Schwerpunkte auf die Themen Verkehrssicherheit, Gesundheit und Bewegung sowie Mobilitätsmanagement. Ergänzt wurden die auf Österreich bezogenen Vorträge durch Referate aus Deutschland (Grüne Hauptwege in Berlin) und der Schweiz (Vision Zero sowie Gebaute Umwelt).
26% der Fussgängerunfälle passieren in Salzburg auf Schutzwegen (Fußgängerüberwegen). Ein aktuelles Vorhaben der Verkehrssicherheitsarbeit in Salzburg betrifft denn auch die Überprüfung von Schutzwegen mit Unfallhäufungen (Sebastian Tschinder). Weitere Maßnahmen der Stadt sollen zum (langfristigen) Ziel Vision Zero beitragen: Verlängerung des Fußgängergrüns an Ampeln, bauliche Nachbesserungen bei Tempo 30-Zonen, Geschwindigkeitsreduktionen im Kfz-Verkehr und barrierefreie sichere Strassenquerungen an Bushaltestellen. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (Rainer Kolator)sieht es als erforderlich an, Fußgänger stärker ins Bewusstsein zu bringen. Neben baulichen Massnahmen soll auch bei den Fußgängern angesetzt werden (z.B. mit Schulungen).
Im entsprechenden Workshop wurde auf die Einhaltung der Planungshierarchie hingewiesen: in ihr sollen Fußgänger an erster Stelle stehen. Weitere Maßnahmen sollen helfen, die Vision Zero zu erreichen (W. Füreder): Verkehrskonfliktuntersuchungen, Blickforschung, Road Safety Audits, Pedestrian Audits (Augenschein Fussverkehr) und gezielte Bewertungs- und Verbesserungsprozesse für bestimmte Bereiche (Screening und Scoping). Pilotanwendungen gab es im Salzburger St. Andräviertel, wo mit einzelnen Gruppen wie Jugendlichen, Mobilitätseingeschränkten und älteren Menschen Beobachtungen und Bewertungen des Straßenraums durchgeführt wurden, die in ein Maßnahmenkonzept münden.
Christoph Hörhan vom Fonds Gesundes Österreich wies auf den großen gesundheitlichen Nutzen des Gehens hin, verdeutlichte aber auch, dass viele Österreicher die von der WHO geforderten 10.000 Schritte am Tag nicht erreichen. Der Gesundheitsfonds lancierte deshalb die Kampagne „3000 Schritte Mehr pro Tag“. Der Arzt Georg Galvan stellte dar, dass bei manchen Krankheiten Bewegung mehr als die Einnahme von Medikamenten hilft. Christine Chaloupka-Risser zeigte welche Mechanismen verhindern, dass Menschen etwas in ihrem Alltagsverhalten verändern und wie man auf Basis psychologischer Erkenntnisse Veränderungen im Mobilitätsverhalten fördern kann. Der entsprechende Workshop thematisierte notwendige Ansatzpunkte im Bereich der gebauten Umwelt, aber auch in Bezug auf Einstellungen der Menschen und die Unterstützung der Zufußgehenden aus dem sozialen Umfeld heraus.
Das Programm klima:aktiv unterstützt klimawirksame Projekte der österreichischen Gemeinden, in Firmen und Schulen. Nach einem Basis-Check können sich Gemeinden zum Erreichen von Klimazielen verpflichten. In diesem Aktionsprogramm beteiligen sich nach H. Koch neun Gemeinden mit Fußgängerprojekten, vier davon haben Zielvereinbarungen abgeschlossen. Aktive Gemeinden erhalten eine Beratung und Zuschüsse zu ihren Aktionen.
Einen besonderen Weg geht die Stadt Enns, die sich von „Città Slow“ als „langsame Stadt“ zertifizieren ließ. Dazu musste sie Kriterien erfüllen, die auch fußverkehrsrelevante Themen wie die Infrastruktur, eine bewusste Umweltpolitik und die Bewusstseinsförderung abdecken. Das aktuelle Projektportfolio enthält als Aktivität ein Erlebniskonzept für innerstädtische Spielinseln, ist insgesamt aber vor allem auf die lokale Wirtschaftsförderung ausgerichtet.
Bewertung
Am Fussgängerseminar beeindruckt die breite institutionelle Abstützung der Veranstaltung durch Organisationen, die über das engere Feld der Verkehrsplanung hinaus reichen.
Die Tagungsdokumentation enthält alle Referate und Impulsvorträge sowie eine Zusammenfassung von Workshopergebnissen. Dabei überwiegen Powerpoint-Präsentationen, mit ihren jeweiligen Vorteilen (visualisierte Inhalte) und Nachteilen (stichwortartige Argumentation). Eine ausführlichere textliche Zusammenfassung und Interpretation der Beiträge wäre wünschenswert.
Titel:
Zu Fuss im Alltag – umweltbewusst, gesund, sicher mit Verantwortung. Österreichisches Fussgängerseminar Salzburg 2009. Tagungsdokumentation. Wien 2009
Verfasser:
Zusammengestellt von Dieter Schwab und Martina Strasser (CD-Rom)
Bezug:
Hrsg.: Walk-space.at, Bennogasse10/22, A-1080 Wien,
Impressum:
Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, November 2009. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.
Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.
Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail:
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