Rezension aus der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Ausgabe 75/2013
Ausgangslage
Verkehrsbezogene Daten sind eine wichtige Grundlage für die Identifikation von Problemen, das Bestimmen des Handlungbedarfs und das Ausgestalten geeigneter Maßnahmen der Planung. Außerdem sind sie unerlässlich für das Beobachten der Verkehrsentwicklung und die Wirksamkeitskontrolle von realisierten Maßnahmen. Diese Aufgaben können nicht mehr effektiv umgesetzt werden, wenn die erforderlichen Daten zum Fußverkehr fehlen oder eine ungenügende Qualität aufweisen.
Die Tatsache, dass die Bedeutung des Zufußgehens im Alltagsverkehr lange Zeit unterschätzt wurde, lag nicht zuletzt daran, dass differenzierte verkehrsstatistische Daten mit Priorität nur für den motorisierten Individualverkehr und den öffentlichen Personenverkehr erhoben wurden. Das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie hat von Walk-space, dem Österreichischen Verein für FußgängerInnen, eine Zusammenstellung von Daten zum Fußverkehr erarbeiten lassen, die einige der bestehenden Lücken schließen soll. Die per Internet zugängliche Veröffentlichung dokumentiert die Ergebnisse in Form von Tabellen, Grafiken und kurzen textlichen Erläuterungen.
Inhalt
Die Arbeit beleuchtet in sieben Kapiteln die empirischen Grundlagen zum Verkehrsverhalten und zu den Anforderungen der Zufußgehenden, präsentiert Daten zu den Wirkungsbereichen Verkehrssicherheit, Gesundheit, Ökologie und Wirtschaft, geht auf den Zusammenhang von Raumstruktur und Zufußgehen ein und dokumentiert die Anforderungen von mobilitätseingeschränkten Personen. Die Daten aus insgesamt 111 Quellen stammen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern. Viele der in den Quellen dokumentierten Aussagen sind auch für Leserinnen und Leser außerhalb Österreichs relevant.
Verkehrsverhalten: In den österreichischen Bundesländern geben zwischen 52% und 66% der Personen ab 15 Jahren an, täglich zu Fuß zu gehen. Der Modal-Split (bezogen auf Wege mit dem Hauptverkehrsmittel) bewegt sich in der Bevölkerung ab 6 Jahren, je nach Bundesland, zwischen 16% und 25%. In der Gruppe der unter 10-Jährigen und der über 69-Jährigen ist er am höchsten. Der Anteil des Zufußgehens an den zurückgelegten Kilometern ist in Österreich zwischen 1990 und 2008 allerdings von rund 5,4% auf 3,9% zurückgegangen (Bezug auf Hauptverkehrsmittel).
Vergleichsdaten aus der Schweiz zeigen, dass der Fußverkehr eine größere Bedeutung aufweist, wenn man nicht nur eigenständige Fußwege, sondern die Wegetappen betrachtet (also auch Wege von und zur Haltestelle oder zum/vom Parkplatz). Weitere präsentierte Daten betreffen Wegzwecke, Motive des Zufußgehens und die Weglängenverteilung.
In Bezug auf die Geh-Infrastruktur werden die Bewegungsbreiten, geforderte Mindestbreiten der Gehsteige, Verkehrsqualitätsstufen und Anforderungen an verschiedene Fußverkehrsinfrastrukturen übersichtlich dargestellt.
Daten zur Verkehrssicherheit zeigen, dass der Anteil der verunglückten Fußgängerinnen und Fußgängern an allen Verunglückten in Österreich im Zeitablauf konstant geblieben ist. Dargestellt werden u.a. genauere Daten zu Unfallmerkmalen, Unfallrisiko und internationalen Vergleichen.
Im Kapitel Bewegung und Gesundheit werden der Energieverbrauch für das Gehen, mittlere Gehgeschwindigkeiten sowie die positiven gesundheitlichen Effekte aufgezeigt. Es wird darauf hingewiesen, dass der menschliche Körper auf 30-40 km Bewegung pro Tag ausgelegt ist.
Betrachtete wirtschaftliche Aspekte umfassen die Kosten für verschiedene Fußverkehrsinfrastrukturen, ausgewählte Nutzen-Kosten-Verhältnisse (norwegische Daten) sowie den Zusammenhang zwischen Umsatz und Fußverkehrsstärken.
Im Kapitel Raumstrukturen wird der Zusammenhang zwischen Straßenraumgestaltung, Aufenthaltsqualität, Sozialkontakten und Lebensqualität dargestellt.
Mit Bezug auf mobilitätseingeschränkte Personen werden die Arten der Mobilitätseinschränkung, der Modal-Split und die gewünschten Mobilitätsformen dieser Personengruppe dokumentiert.
Bewertung
Das Vorhaben des österreichischen Bundesministeriums, eine große Bandbreite relevanter Befunde zum Fußverkehr kompakt darzustellen, verdient Anerkennung. Eine ähnliche Datenzusammenstellung wäre für Deutschland ebenfalls notwendig. Die wesentlichen Bereiche werden beleuchtet und auf spezifische Bevölkerungsgruppen, wie mobilitätseingeschränkte Personen, wird detaillierter eingegangen.
Die in Grafiken und Tabellen dokumentierten Daten geben nicht nur einen statistischen Überblick über das Thema, viele Darstellungen können auch als Informationsgrundlage für spezifische Planungsaufgaben herangezogen werden. Der Komplexitätsgrad der Darstellungen variiert, je nach verfügbarer Quelle, recht stark. Textliche Kommentierungen werden nur sehr knapp vorgenommen. Bei einem Teil der Daten und Grafiken wären zusätzliche Erläuterungen hilfreich.
Titel:
Fussverkehr in Zahlen. Daten, Fakten und Besonderheiten. Wien 2013, 130 S.
Verfasser:
Dieter Schwab, Martina Strasser, Harald Frey, Stefan Müllehner, David Schwab
Bezug:
BMVIT - Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Wien: www.bmvit.gv.at -> Verkehr -> Fuß- und Radverkehr -> Publikationen (gratis)
Impressum:
Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Mai 2013. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.
Autor dieser Ausgabe: Helmut Schad.
Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail:
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