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Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, was eigentlich selbstverständlich ist: Das Recht steht über dem sogenannten Parkdruck. Viele Städte sehen das bisher umgekehrt - eine üble Praxis, die nun enden muss.

Wir freuen uns über das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6.Juni 2024 zum illegalen Gehwegparken. Bisher haben die beklagte Stadt Bremen und viele andere mit "Parkdruck" begründet, dass sie Schwarzparken auf Gehwegen dulden. Die Entscheidung des Gerichts ist ein wichtiger Schritt, um diese rechtsstaatswidrige Praxis zu beenden.

Ist der Gehweg vor der Haustür auf der eigenen Straßenseite und bis zu den nächsten Querstraßen immer wieder illegal zugeparkt, können nun Anwohner von ihrer Straßenverkehrsbehörde wirksame Gegenmaßnahmen verlangen. Bisher weigerten sich viele Städte wegen des „Parkdrucks“ grundsätzlich, gegen illegales Gehwegparken einzuschreiten. Nun müssen ihre Verkehrsbehörden es zumindest für den Gehweg direkt vor dem Haus und jeweils bis zur nächsten Straßenecke tun.

Geklagt hatten fünf Bürgerinnen und Bürger aus Bremen, drei davon Mitglieder von FUSS e.V. In ihren Wohnstraßen sind die Gehwege teils seit langem bis auf einen schmalen Reststreifen zugeparkt. Das Bundesverwaltungsgericht stellte jetzt klar: Das Gehweg-Parkverbot soll Anwohnern Schutz im eigenen Umfeld bieten. Die Behörden dürfen nicht untätig bleiben. Sie können aber beim Einschreiten gegen das Schwarzparken andere Straßen vorziehen, wenn dort das Problem noch größer ist. Für Anwohner sind die Chancen jetzt deutlich gestiegen, vor der Tür wieder freiere, nicht mehr illegal zugeparkte Gehwege zu erhalten.

Weitere wichtige Gehweg-Themen müssen ebenfalls gerichtlich geklärt werden. Unser Ziel: Ordnungsbehörden sollten nicht in willkürlich gewählten Straßen  beim Falschparken pauschal die Augen zudrücken. Und wo Gehwegparken erlaubt ist, aber den Weg mehr einengt als nach den aktuellen Normen zulässig (siehe unten unter 9.), sollte die Erlaubnis kassiert werden.

Wichtige Zitate aus der Urteilsbegründung stehen hier.

 

Was können Anwohner tun?

Die Gerichtsentscheidung behandelt chronisches Falschparken vor der eigenen Haustür. Hier kann man nun von der Verkehrsbehörde der Stadt oder des Landkreises verlangen, dass sie etwas Wirksames tut - zum Beispiel Schilder aufstellt und wenn das nicht hilft, Poller setzt. Die Verkehrsbehörde ist nicht das Ordnungsamt, sondern entscheidet über das Aufstellen von Schildern, über Markierungen auf dem Straßenboden und Ähnliches. Mehr zu möglichen Aktionen und ihren Grenzen hier.

Es gibt zwei Spezialfälle, die das Gericht nicht im Detail behandelt hat:
a) chronisches Zuparken von Straßenecken. Genau dort endet nach der Entscheidung der Anspruch des Einwohners auf Einschreiten der Verkehrsbehörde? Ist die Ecke noch eingeschlossen oder nicht? Wir sagen: Ja! Wo immer wieder an der Ecke geparkt wird, haben Anwohner einen Anspruch auf Einschreiten.
b) Straßen, in denen das Querparken erlaubt ist und ein Teil der Autos auf dem Gehweg stehen darf. Oft ragen sie tiefer in den Gehweg hinein als erlaubt. Wo das der Fall ist, besteht ebenfalls ein Anspruch auf Einschreiten der Verkehrsbehörde.

Nicht nur vor der Haustür: Falschparken überall bekämpfen!

Steht ein Auto ganz oder teilsweise auf dem Gehweg, blockiert es eine Einmündung oder einen Fahrbahn-Übergangn, kann man es wie bisher beim Ordnungsamt anzeigen (in Hessen auch "Stadtpolizei" oder "Ordnungspolizei" genannt). Dafür gibt es Apps wie Weg_Li. Steht das Auto so dicht, dass zum Beispiel eine Rollstuhlfahrerin nicht durchkommt oder andere auf die Fahrbahn ausweichen müssen, besteht akute Gefahr oder schwere Behinderung. In dem Fall 110 rufen. Ist das Fahrzeug nicht rasch anders zu entfernen, muss es abgeschleppt werden.

 

Elf FAQ zum Gehwegparken
 

1. Was steht im Gesetz?

§ 12 Absatz 4 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung lautet: „(4) Zum Parken ist der rechte Seitenstreifen, dazu gehören auch entlang der Fahrbahn angelegte Parkstreifen, zu benutzen, wenn er dazu ausreichend befestigt ist, sonst ist an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren.“ Das bedeutet: Das Recht zum Parken endet vor der Bordsteinkante, Gehwege sind tabu (Ausnahmen in Punkt 8)

2. Was ist das Problem?

Es ist Aufgabe der Städte und Gemeinden, die Gehwege für ihre rechtmäßigen Benutzer freizuhalten. Manche – so auch Bremen – schreiten jedoch gegen Falschparker in vielen Straßen nicht ein. Dort ist das Gehen oft stark behindert oder gar unmöglich gemacht. Auch Kinder und Menschen mit Rollator oder Rollstuhl müssen immer wieder auf die Fahrbahn ausweichen.

3. Was müssen die Städte jetzt tun?

Städte müssen nur das tun, was von jeher ihre Pflicht ist: Die Verkehrsbehörden müssen Maßnahmen ergreifen, die das illegale Gehwegparken vor den Häusern von Anwohnern unterbinden – mit eindeutigen Schildern und wenn nötig mit Pollern. FUSS fordert außerdem: Die Ordnungsämter müssen ihrer Pflicht nachkommen, Schwarzparken überall mit Geldbußen zu ahnden. Auch das vernachlässigen viele – womöglich ein Thema für die nächste Prozess-Serie.

4. Wie viele Parkplätze fallen jetzt weg?

Es fällt kein legaler Parkplatz weg. Die Entscheidung behandelt nur Gehwege, auf denen Fahrzeuge illegal stehen.

5. Was kostet Falschparken auf Gehwegen?

Im Bußgeldkatalog mit seinen 255 Einzelpunkten ist der Verstoß „Unzulässig auf Gehwegen geparkt“ unter Punkt 52a geregelt. Er kostet 55 Euro, mit Behinderung sogar 70. Das ist mit einem Strafpunkt in Flensburg verbunden. Ebenfalls 70 Euro plus einen Punkt kostet unbehinderndes, aber länger als eine Stunde andauerndes Gehwegparken. Auf schmalen Gehwegen ist Falschparken immer behindernd. Parkt jemand gefährdend, weil zum Beispiel Menschen nur noch auf der Fahrbahn gehen können, kostet es 80 Euro.

6. Auf vielen Gehwegen wird seit Jahrzehnten illegal geparkt. Ist das nicht ein Gewohnheitsrecht geworden?

Es ist kein Gewohnheitsrecht, sondern wurde bisher nur oft nicht geahndet. Wer sein Auto schwarz auf dem Gehweg parkte, hatte einfach Glück, dass die Stadt sich nicht um seinen Regelverstoß kümmerte

7. In vielen Straßen wollen mehr Menschen ihr Auto parken, als es legalen Raum dafür gibt. Was sollen sie jetzt tun?

Oft gibt es Parkplatzreserven, die mobilisiert werden können: private Garagen, ungenutzter Parkraum in Baulücken, auf Höfen und in Parkpaletten, nachts bisher leerere Plätze von Supermärkten und Firmen. Anwohner können aber auch selbst ihren Parkdruck mindern – zum Beispiel selten genutzte Fahrzeuge anderswo parken oder sich solche Autos mit Nachbarn teilen. Das letzte spart auch viel Geld.

8. Und wenn dann der Parkraum immer noch nicht reicht?

Es gibt zwar das Recht, überall dort am Fahrbahnrand zu parken, wo es nicht verboten ist. Aber es gibt kein Recht, überall einen freien Parkplatz zu finden. Das ist in vielen Stadtteilen auch schlicht unmöglich: Wo legaler Raum für 100 Autos ist, aber Anwohner und Besucher gern 150 hinstellen würden, müssen 50 Autos eben woanders stehen. Wer hier ein Auto parken will, darf sein Platzproblem nicht zu Lasten der Menschen zu Fuß lösen.

9. Auf manchen Gehwegen ist das Parken erlaubt. Lässt sich das nicht öfter regeln?

Wo und wie das gemacht werden darf, regeln die Verwaltungsvorschriften zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO), die der Bundesverkehrsminister erlassen hat. Dort steht zum Thema „Parkflächenmarkierungen“: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“ Wie viel Platz „genügend“ ist, definieren die „Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen“ (RASt) und die „Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen“ (EFA). Nach beiden braucht „unbehinderter Begegnungsverkehr“ eine Breite von 2,50 Metern. Nur wo die erhalten bleibt, darf Gehwegparken neu zugelassen werden.
Und auch wo es erlaubt ist, dürfen nur Fahrzeuge mit einem zugelassenen Gesamtgewicht bis 2,8 Tonnen parken - viele SUV, Großlimousinen und Lieferwagen also nicht.

10. Droht jetzt ein Aufstand der Autofahrer?

Das Problem lässt sich friedlich lösen. Was das Bundesverwaltungsgericht jetzt für ganz Deutschland verlangt, hat Baden-Württemberg seinen Gemeinden schon vor fünf Jahren verordnet: Sie müssen das Falschparken auf Gehwegen ahnden. Städte wie zum Beispiel Karlsruhe haben seitdem Kompromisslösungen gefunden: An manchen Gehwegrändern ist das Parken legalisiert, an anderen ist es unterbunden. Der Autofahrer-Aufstand ist ausgeblieben.

11. Wer sind die Gewinner der Gerichtsentscheidlung?

Wo das Schwarzparken unterbunden wird, ist freies und sicheres Gehen wieder möglich. Besonders wichtig ist das für Kinder, alte Menschen und für Verkehrsteilnehmer im Rollstuhl. Es gewinnen aber auch die Städte: Unbeparkte Gehwege und Seitenstreifen können leichter gereinigt werden. Kanaldeckel, Feuerwehrhydranten und Gasleitungen sind frei zugänglich; Müllfahrzeuge kommen durch; für Tonnen gibt es vor und nach dem Leeren Platz. Nicht zuletzt gewinnen auch die Anwohner Sicherheit: Heute sind die Gassen zwischen parkenden Autos oft zu schmal für Feuerwehrwagen – vor allem in den Kurven. Ist eine Seite frei, kommen die Retter leicht und rasch an jeden Ort.

 
 Alles über Gehwegparken: Vertiefte Infos von FUSS e.V.

 

Parken auf Gehwegen - Problematik, Rechtslage, Handlungsbedarf

Zu den rechtlichen Regelungen und Möglichkeiten beim Gehweg-Parken bestehen teils erhebliche Wissenslücken - nicht nur bei Menschen, die zu Fuß oder im Auto unterwegs sind, sondern auch in Verwaltung und Politik. Die Broschüre stellt ausführlich dar, wo das Parken auf Gehwegen leider erlaubt und wo es verboten ist, und was Verstöße kosten.

Stand: 2. Auflage, Juni 2022

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Gegen angeordnetes Gehwegparken vorgehen

Viele Kommunen geben bisher Teile von Gehwegen zum Parken frei, auch wenn sie das gar nicht dürfen. Diese Anleitung zeigt, wie Bürgerinnen und Bürger gegen Parkerlaubnisse vorgehen können, die nicht den aktuellen Regelwerken genügen.

Stand: 1. Auflage, August 2022

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