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Grün raus - Grau rein. Spaziergänger an den Rand, Bäume und Büsche gerodet, viel Boden asphaltiert: Das droht durch ein Berliner Schnellweg-Projekt in Schöneberg und Steglitz. Diesmal ist es keine Straße, sondern ein breiter Radweg.

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Der Weg soll vom Südkreuz durch den Hans-Baluschek-Park, den Insulaner sowie zwischen Südende und Lichterfelde am Teltowkanal verlaufen. Statt lauschiger Uferpromenaden sind breite Asphaltbänder wie auf dem Bild vorgesehen. Radfahrer erhalten durchweg vier Meter, zum Gehen sollen 2 bis 2,7 Meter schmale Wege reichen. Bei schönem Wetter sind die heute doppelt so breiten Wege oft voll; künftig ginge es nur noch im Gänsemarsch. Und am Teltowkanal liegt der Radweg breit am Ufer. Gehen auf der Wasserseite soll verboten werden. Wenn hier die längste und schönste Grünpromenade von Steglitz vernichtet wird, werden wohl viele Menschen zum Spazieren mit dem Auto in den Grunewald fahren. Dieser Radweg produziert neuen Autoverkehr. 

Der Weg würde in immensem Umfang Grün und Erholungsraum vernichten. Für ihn müssten auf 9.000 Quadratmetern Bäume nd Büsche kahlgeschlagen werden; mehr als 26.000 Quadratmeter würden zusätzlich versiegelt. Auf 5,5 Kilometern heutigen Grünwegs wird Gehraum eingeschränkt und qualitativ verschlechtert. Auf mehr als zwei Kilometern wäre das heute noch attraktive Gehen sogar ganz verboten. Hier alle Zahlen zum Download . Alle weiteren Informationen zum Schnellweg und dem dagegen gegründeten Parkbündnis finden Sie auf dessen Website.

Anderswo sind Radwege sinnvoll, wichtig und nötig - am dringendsten an Hauptstraßen, an denen sich in Berlin die Läden, Dienstleister, Arbeitsplätze und Lokale ballen. Aber dieser hier wäre ökologischer und sozialer Unsinn: Kilometerweise müsste Grün geholzt werden, am meisten am Teltowkanal. Wer entspannte Erholung sucht, wird aus den Parks verdrängt: Familien, Ältere, spazierende Gruppen. Stattdessen kommt Schnellverkehr, der mit E-Bikes und Rennräder weit über 30 Stundenkilometer fährt. Fitte Freizeitsportler und eilige Radpendler verdrängen Schwächere, Langsamere, Geruhsame. Das ist Gentrifizierung im Grünen.

Opfer wären auch langsame, manchmal unsichere Radfahrer: Kinder kann man nicht auf einen solchen Schnellweg schicken; auch viele ungeübte Erwachsene würde das Tempo verschrecken. Dieser Radweg killt auch Radverkehr.

Beim Verkehrssenat und seiner Planungsfirma Infravelo heißt es zwar, es stehe noch nichts fest. Tatsächlich gab es schon vier große Schritte hin zu diesem Konzept:

  • Bis 2018 wurde der Grobverlauf des Radschnellwegs bestimmt.
  • Im Januar 2019 wurden die ersten Trassen-Alternativen vorgestellt.
  • Im einer Machbarkeitsstudie vom September 2020 wurden die meisten Alternativrouten über Straßen gekippt und der Verlauf am Teltowkanal als alternativlos dargestellt.
  • Im Februar 2021 wurde die recht detaillierte Vorplanung mit genaueren Trassenverläufen, Wegbreiten und einzelnen Verkehrsschildern bekannt.

Darin sind weitere skandalöse Details:
- Im Insulanerpark soll ein Spazierweg zum Gehen ganz gesperrt und zur Rampe einer Brücke über den sechsspurigen Prellerweg werden. Brücke und Weg sind nur für den Radel-Adel geplant. Das gemeine Fußvolk soll unten über die sechsspurige Straße gehen.
- Am Bahnhof Südkreuz soll ein gemeinsamer Geh- und Radweg zum reinen Radweg werden. Wer hier gehen, wird auf die Fahrbahn geschickt. "Parallele Führung von Geh- und Lieferverkehr" heißt das bei den Planern.
- Nach dem Plan soll auch auf dem Weg an der S-Bahn zwischen Gleisdreieck und Südkreuz ("Schöneberger Schleife") das Gehen verboten werden.
- Eine Bewertungsmatrix zeigt, wer den Planern wichtig und wer ihnen egal ist: Belange der Fahrradfahrer werden darin mit 50 Punkten gewichtet, Belange der Fußgänger 5.

Für einen Radschnellweg gäbe es viel bessere Alternativen über Straßen. Dafür müsste kein Baum gerodet, kein Quadratmeter asphaltiert und kein Erholungsweg halbiert werden. Viel billiger wäre es auch, und ein solcher Weg würde zu weit mehr Zielen führen, die man mit Rad im Alltag ansteuert. Die Parks wären dann weiter zur Erholung da - zu Fuß, gern auch entspannt und rücksichtsvoll mit dem Fahrrad.

Gegen den teuren, zerstörerischen Plan eines Schnellwegs in drei Parks wehren wir uns im Parkbündnis – in der Öffentlichkeit, in Medien, nach Corona mit Aktionen, wenn nötig mit einem Prozess. Inzwischen haben sich im besonders betroffenen Bezirk Steglitz-Zehlendorf alle demokratischen Parteien gegen den Schnellweg ausgesprochen, auch die Grünen. Deren für die Planung verantwortliche Senatorin Regine Günther teilte kurz vor der Wahl im September mit, es sei noch nichts entschieden und das Projekt solle "mit den Beteiligten ergebnisoffen" besprochen werden.

Wenn Sie mehr Informationen haben wollen, zu Veranstaltungen eingeladen werden möchten und Aktionsvorschläge wollen, kontaktieren Sie das Parkbündnis hier.