Fahrräder können die effizientesten, kostengünstigsten, für ihre Umwelt schonendsten Individualfahrzeuge sein. Kein anderes Fahrzeug hat ein so günstiges Verhältnis von Energie-Einsatz und Geschwindigkeit: Fahrräder sind leicht, sie werden unter Einsatz des Körpergewichts angetrieben und rollen mit wenig Bodenwiderstand.
Auf der Fahrbahn sind Fahrräder für Gehende deutlich angenehmer als Autos – leise, abgasfrei, beim Überqueren weniger gefährlich und beim Parken weniger platzraubend. Deshalb unterstützen wir Radverkehr auf Fahrbahnen und fordern dafür komfortable und sichere Bedingungen – zum Beispiel Höchsttempo 30 statt 50.
Auf fast allen Gehwegen und auch auf vielen Grünwegen haben dagegen Fahrräder aus unserer Sicht nichts zu suchen. Denn dass sie vergleichsweise schonender sind als Autos, macht sie nicht rundum und überall gut. Auch Fahrräder sind Individualfahrzeuge und haben mit Autos einige Systemnachteile gemeinsam: Sie beanspruchen Raum zum Fahren, für Abstände und zum Parken.
Und sie holen sich diesen Raum eben nicht nur beim Auto. Womit wir kein Problem hätten. Im Gegenteil: Oft dringen sie in Räume ein, die vom Auto noch verschont sind – Gehwege, Plätze, große Höfe, Fußgängerzonen, Parks, Uferzonen, Wälder, sogar Bahnhöfe und viele mehr. Hier bewirken sie nicht mehr Sicherheit, lokale Qualität und größere Freiräume. Sondern hier machen sie bisher ruhige, tempofreie und sichere Räume zu unruhigen, bedrängen und verdrängen Langsamere. Symbolhaft dafür sind Geh- und Grünwege, auf denen Eltern kleine Kinder nicht mehr von der Hand lassen, weil sie Angst vor Radfahrern haben.
Mehr Rad – und noch viel mehr Auto
Manche Radlobbyisten sagen: Das ist das kleine Opfer wert. Denn wer Rad fahre, fahre in diesem Moment nicht Auto, betreibt also per se Verkehrswende. Wo mehr Rad gefahren wird als anderswo, da sind deutlich weniger Menschen zu Fuß, per Bus und Bahn unterwegs. Der statistische Zusammenhang „Mehr Rad = weniger Auto“ ist dagegen viel schwächer.
Auf Großstadt-Niveau zeigt sich das in den angeblichen Verkehrswende-Metropolen Amsterdam und Kopenhagen. In beiden ist der Radverkehr viel stärker als in Deutschland, aber der Anteil der Autofahrten am Verkehr ist fast auf dem Niveau großer deutscher Städte. Und nach niederländischen Statistiken sind von 1994 bis 2017 die jährlich per Auto gefahrenen Kilometer 30-mal so stark stärker gestiegen wie die mit dem Fahrrad. Autofahrer genießen die vom Radverkehr fast freien Fahrbahnen. Dagegen stöhnen Menschen zu Fuß über mit Rädern zugestellte Wege. In den Auto-orientierten Niederlanden ist es verboten, Räder auf der Fahrbahn zu parken. Was irgenwann als Gehweg angelegt wurde, ist heute oft zum größeren Teil Abstellraum.
Autoprobleme an der Wurzel packen
Weniger Auto gefahren wird dagegen vor allem dort, wo besonders viele Menschen Bus und Bahn nutzen. Dazu hier ein Vergleich von Städten in der Schweiz und den Niederlanden. Heute ist längst deutlich geworden: Wer wirklich Verkehrswende will, muss das Problem an der Auto-Wurzel packen und mehr Alternativen im öffentlichen Verkehr bieten.
Das Verkehrsnetz für Fahrräder neben heutige Fahrbahnen zu setzen und nicht darauf, gibt dem Auto mehr statt weniger Raum und Tempo. Als Verkehrswende-Verein und als Fußgängerlobby unterstützen wir gute Bedingungen fürs Rad auf der Fahrbahn. Wir lehnen es aber ab, dass Räder stattdessen Gehwege und Grünwege dominieren. Auf letzteren sind sie natürlich bei erholungsfreundlichem Verhalten willkommen.