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Was ist die grundsätzliche Bedeutung des Urteils?

Viele Autofahrer, aber auch Kommunalpolitiker und Ordnungsbehörden tun bisher so, als sei „Parkdruck“ ein übergesetzlicher Notstand. Ihnen wäscht das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 6.6.2024 den Kopf: „Verbotenes Gehwegparken verletzt … die ‚Ordnung des Verkehrs‘“ schreibt es in der Urteilsbegründung. „Parken dürfen Fahrzeuge auf Gehwegen nur, soweit das durch Verkehrszeichen oder Markierung erlaubt ist. Das Interesse der parkenden Verkehrsteilnehmer an einer ungehinderten Fortsetzung ihres rechtswidrigen Verhaltens … ist nicht schutzwürdig.“

Welchen Stellenwert hat der Fußverkehr?

Auch in dem Punkt erinnert das Gericht an eine rechtliche und praktische Selbstverständlichkeit: „Die auf den Gehwegen verbotswidrig abgestellten Fahrzeuge nehmen einen Verkehrsraum in Anspruch, der … den Fußgängern zur Nutzung zugewiesen ist. (Fußgänger) können die Gehwege – wie vorgeschrieben oder jedenfalls erlaubt – nur benutzen, soweit dort nicht Fahrzeuge parken.“

Wer kann jetzt von seiner Stadt was fordern?

Hier engt das Gericht den Spielraum für Fußgänger leider buchstäblich wieder ein. Konkrete Ansprüche auf freiere Gehwege bestehen nur vor der eigenen Haustür auf der eigenen Straßenseite und jeweils bis zur nächsten Straßenecke. Auch darüber hinaus habe zwar die Allgemeinheit den Anspruch auf freie Wege, aber kein Einzelner kann ihn unter Berufung auf das Urteil geltend machen.

Was tun?

Ist der Gehweg vor der Tür chronisch zugeparkt, lohnt ein Brief an die Stadt unter Berufung auf das Urteil mit dem Verlangen: „Gehweg freimachen!“ Das Gericht hat kein Breitenmaß festgelegt, jedoch die Kläger darin bestätigt, dass ein Rest von 1,4 Metern sie deutlich beim Gehen behindert. Das eigene Mobilitätsproblem sollte konkret geschildert werden, besonders bei erhöhtem Raumbedarf – zum Beispiel durch Zwillingskinderwagen, Rollstühle, durch ein Kleinkind an der Hand oder einen alten Menschen am Arm. Muss man gar häufiger auf die Fahrbahn ausweichen, ist dies ein wichtiger Punkt: Es bedeutet Gefahr für Leib und Leben. Hier muss die Behörde sofort handeln.

Und wenn die Stadt immer noch nichts tut?

Nach dem Urteil können die Städte zwar gegen das vielerorts gewucherte Schwarzparken Gesamtpläne machen und Prioritäten an den schlimmst betroffenen Straßen setzen. Sie dürfen das aber nicht als Vorwand zum Verzögern nehmen, sondern muss ein Gehweg-Befreiungskonzept „tatsächlich und nachvollziehbar“ verfolgen. Bleiben Städte über längere Zeit so passiv wie bisher, können Betroffene sie unter Berufung auf das aktuelle Urteil beim Verwaltungsgericht verklagen.

Mit welchem Gehwegparken beschäftigt sich das Urteil nicht?

Es behandelt nur illegales Gehwegparken, aber nicht zugelassenes mit Verkehrszeichen oder Bodenmarkierungen. Auch dies verstößt oft gegen Regeln – vor allem dagegen, dass der Gehraum so breit bleiben muss, dass zwei Menschen sich ungehindert begegnen und passieren können. Aber das ist rechtlich ein anderer Fall.

Wie geht es politisch weiter?

An der Straßenverkehrsordnung und ihren Verwaltungsvorschriften (VwV-StVO) muss zum Thema Falschparken nichts Wesentliches geändert werden. Noch stärker wäre die Position Gehender allerdings, wenn sie ausdrücklich als exklusiver Fußgänger-Raum benannt werden.

Die häufigsten Alltags-Auseinandersetzungen müssen jedoch in den Städten geführt werden, wo Kommunalpolitiker und -beamte ihre Autofahrer nur ungern verprellen möchten. Sie müssen immer wieder daran erinnert werden, dass Gesetze und die Belange Gehender höheres Gewicht haben als der Drang zum illegalen Parken.