In der weltweit ersten Volksabstimmung zu E-Scootern haben die Pariser klargemacht, dass sie ihre Boulevards nicht an eine Minderheit von Spaßfahrern verlieren wollen. Deutsche Städte müssen jetzt nachziehen.

In Paris haben sich bei einer Volksabstimmung am 2. April 89 Prozent der Teilnehmenden für die Befreiung der Stadt von Leih-E-Scootern ausgesprochen. Besonders bemerkenswert ist die geringe Zahl derer, die stattdessen für E-Scooter stimmten: Nur 0,7 Prozent der Pariser Wahlberechtigten wollten sie behalten. Das zeigt erneut, dass sie keinen Beitrag zur Alltagsmobilität leisten, sondern vor allem Spaßfahrzeug für Touristen und sehr junge Leute sind. Das ist in Deutschland genauso wie in Paris. Auch bei uns müssen die Städte jetzt alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, das Verleihen von E-Scootern einzuschränken oder die Gehwege, Plätze und Parks ganz davon zu befreien.

 

Freiheit für Paris, neuer Regelbruch in Berlin

Währenddessen ruinieren die deutschen E-Scooter-Verleiher Bolt, Lime, Tier und Voi ihren Ruf weiter. In Berlin, wo dreimal mehr E-Scooter zugelassen sind als bis jetzt in Paris, haben sie seit dem 14. März haben sie eine neue Regelbruch-Runde eingeleitet. An dem Tag wurden an Touristen-Hotspots im Zentrum neue feste Stationen eingerichtet. Die Anbieter sind verpflichtet, das wilde Abstellen im Umkreis von 100 Metern um die Stationen technisch zu unterbinden. Aber sie scheren sich auch hierum nicht. Am Tag der Pariser Abstimmung (2.4.) waren am Anfang der Straße Unter den Linden Gehwege und Mittelstreifen so zugemüllt wie eh und je. Wir zählten 30 Fahrzeuge legal in der Station und 87 wild hingestellte ringsherum. Nicht besser sah es am Holocaust-Mahnmal aus: 15 Fahrzeuge legal in der Station, 54 ringsum auf den Wegen und am Rand des Tiergartens.

Auf kurze Sicht machen sich die Anbieter einen faulen Lenz und müllen die Stadt zu, auf längere zerstören sie ihre Geschäftsgrundlage weiter. Denn die jetzigen Erlaubnisse enden Silvester 2023. Neue dürfen nach §11a, Abs.2 des Berliner Straßengesetzes nur an „zuverlässige Unternehmen“ gegeben werden. Berlins Anbieter brechen laufend alle Auflagen, unter denen sie seit September 2022 ihr Geschäft betreiben. Die scheidende Senatorin hat nichts dagegen getan. Wenn der neue Senat im Gegensatz zum alten das Gesetz ernst nimmt, darf er keinem der vier Berliner Anbieter ab 2024 eine neue Erlaubnis geben. Mehr zu ihren chronischen Regelbrüchen hier.

 

 

Hintergrund zu festen Stationen

In den Sondernutzungserlaubnissen des Verkehrssenats für Berliner E-Scooter-Anbieter von 2022 heißt es zu festen Stationen: „Soweit Flächen vorhanden sind, die anbieterneutral das Abstellen auch von solchen Fahrzeugen gestatten, die von der Erlaubnisinhaberin angeboten werden, haben diese in einem Radius von 100 Metern um die jeweilige Abstellfläche No-Parking-Zonen einzurichten. Die Erlaubnisinhaberin hat binnen fünf Werktagen nach Kenntniserlangung sicherzustellen, dass Mietvorgänge innerhalb dieses Radius nicht beendet werden können.“

Die ersten dieser Flächen gab es schon vor zwei Jahren am Roten Rathaus und an der Friedrichstraße. Im September 2022 eröffnete Senatorin Jarasch persönlich drei weitere am Zoologischen Garten und gleich 19 auf einen Schlag ihre Staatssekretärin Meike Niedbal am 14. März 2023. Bei allen hätten die Verleiher längst das Parken ringsum unterbinden müssen. Bei keiner einzigen haben sie es getan. Damit bringen die neuen Stationen keine Ordnung, sondern sind lediglich legale Inselchen in einem Meer von illegal abgeworfenen E-Scootern.