Wer Falschparker und andere anzeigt, muss selbstverständlich die Adresse angeben – anonym geht es nicht. Aber besteht dann die Gefahr, dass Angezeigte die Adresse erfahren und sich womöglich wütend rächen? Dazu fragten wir den Berliner Rechtsanwalt Olaf Dilling (mit Link zu ) , der uns mitteilt:

Das Problem ist bekannt: Ordnungsämter und Polizeivollzugsdienst sind überlastet und Politik und Verwaltung räumen der Verkehrsüberwachung nicht ausreichend Priorität ein. Vor allem, wenn es um Parkverstöße von Kfz geht. Daher sind Anzeigen durch private Betroffene an sich erfolgversprechend. Allerdings wird dafür in der Regel die Angabe der Wohnanschrift verlangt, um auf die Anzeige-Erstatter als Zeugen zurückgreifen zu können. Das führt oft zur Preisgabe personenbezogener Daten der Anzeigenden – entweder schon bei Ausstellung eines Bescheides oder in einer Anhörung im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens, spätestens aber bei Akteneinsicht durch einen Anwalt.

Die Fälle häufen sich, bei denen Anzeigende von den Falschparkern als „Denunzianten“ bedroht werden oder Repressalien ausgesetzt sind. Daher stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten es gibt, die private Adresse nicht preiszugeben und dennoch effektiv Anzeige zu erstatten und gegebenenfalls eine Zeugenaussage zu ermöglichen.

Anonyme Anzeige

Eine anonyme Anzeige oder Anzeige ohne Angabe des Wohnortes ist - entgegen der Auffassung mancher Polizeivollzugsbeamten - rechtlich grundsätzlich möglich. In manchen Bundesländern oder Kommunen werden anonyme Anzeigen von Falschparkern aber faktisch nicht verfolgt (z.B. in Düsseldorf, siehe diesen Text). Auch sonst ist die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung geringer als üblich. So gehen andere Städte zwar anonymen Anzeigen nach, wenn der Sachverhalt es erfordert. Die Anzeigenden kommen dann aber nicht als Zeugen in Frage. Insofern sind anonyme Anzeigen zwar rechtlich möglich, werden in manchen Kommunen nicht berücksichtigt und bleiben in Zweifelsfällen mangels Zeugenbeweis wirkungslos.

Benennung als Zeuge

Bei namentlichen Anzeigen wird der Name und Wohnort der Anzeigenden oft nicht nur aktenkundig. Vielmehr kann er auch im Bescheid und bei der Anhörung preisgegeben werden, wenn der Anzeigende zugleich Zeuge ist. Lediglich die Wohnanschrift soll aus datenschutzrechtlichen Gründen verschwiegen werden.

Wenn die Anzeige-Erstatter nicht als Zeugen benannt werden müssen, ist dies dagegen nicht nötig. Dies ist der Fall, wenn die Behörde selbst Nachforschungen anstellen kann, die den Vorwurf der Ordnungswidrigkeit bestätigen (vgl. dazu etwa in NRW: RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales -43.8 -57.04.16

Drittschutzinteresse des Anzeigeerstatters

Bei konkreten Gefährdungen gibt es Möglichkeiten, von der Angabe persönlicher Daten abzusehen oder sie einzuschränken:

  • Keine Benennung als Zeuge

Laut Verwaltungspraxis kann auch ein überwiegendes Drittschutzinteresse des Anzeigenerstatters gegen die Benennung als Zeuge sprechen (s.o. unter 3.1.1.). Dafür müssen im konkreten Fall Gefährdungen für Leib, Leben, Eigentum, Besitz oder Hausfrieden des Zeugen bzw. seiner Angehörigen zu erwarten sein. Das heißt, dass bereits Anhaltspunkte bestehen müssen, dass der oder die Täter gewaltsam reagieren werden. Das allgemeine Droh-und Gewaltpotential bei Verkehrsordnungswidrigkeiten dürfte streng genommen nicht reichen. Außerdem wird der Anzeigeerstatter vor „bloßen Belästigungen“ nicht geschützt. Das heißt, dass z.B. wiederholte direkte Ansprache oder das bloße Klingeln an der Haustür zu üblichen Zeiten nicht umfasst ist. Der als Beispiel genannte Hundekot im Briefkasten dürfte dagegen keine bloße Belästigung mehr sein, da hier die genannten Rechtsgüter beeinträchtigt sind. Fazit: Die Anforderungen sind relativ hoch. Es muss schon etwas passiert sein oder ein handfeste Drohung im Raum stehen, dass die Behörde von einer Benennung als Zeuge absieht, obwohl sie den Fall nicht selbst abschließend ermitteln konnte.

2.FUSS e.V. als Geschäftsanschrift

Für alle Mitglieder, die zugleich regelmäßig ehrenamtlich für den FUSS e.V. arbeiten, könnte die Anschrift von FUSS e.V. als Geschäftsanschrift angegeben werden. Das Ordnungswidrigkeitsrecht sieht die Möglichkeit der Angabe von Geschäftsanschriftengemäß § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 und 2 Satz 1 StPO vor. Voraussetzung ist erstens, dass die Anzeigenden unter der Adresse regelmäßig anzutreffen sind, und zweitens ebenfalls der Fall einer konkreten Gefährdung.

Auch hier gilt also wieder: Es muss schon etwas passiert sein oder eine handfeste Drohung im Raum stehen. Da die Verwaltungspraxis in den Ländern und Kommunen jedoch einigermaßen uneinheitlich ist, wäre es sicherlich nicht verkehrt, auszutesten, was möglich ist. Allerdings ist diese Möglichkeit auf Mitglieder beschränkt, die entweder für FUSS e.V. arbeiten oder dort zumindest regelmäßig anzutreffen sind.

3. Bestellung einer Rechtsanwaltskanzlei als Empfangsbevollmächtigte

Wenn Anzeigenerstatter eine ladungsfähige Adresse angeben müssen und eine konkrete Gefährdung vorliegt, dann ist dies nach § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 und 2 Satz 1 StPO auch über eine Empfangsvollmacht möglich. Als Empfangsbevollmächtigte kommen unter anderem aus haftungsrechtlichen Gründen vor allem Rechtsanwaltskanzleien in Frage. Voraussetzung dafür ist die Ausstellung einer entsprechenden Vollmacht.