Ausgangslage

In der Schweiz wurde vor 20 Jahren ein mittlerweile sehr häufig verwendetes Werkzeug geschaffen. Dieses Werkzeug ist die Begegnungszone (BZ), welche ein Gestaltungselement ist, dass für eine bessere Integration in den Quartieren sorgt, indem die Geschwindigkeit für Motorfahrzeuge auf 20 km/h beschränkt wird und ein Vorrang für den Fußverkehr geschaffen wird, mit dem Ziel, dass sich Nachbar:innen begegnen und ins Gespräch kommen.

Inhalt

BZ werden heute immer wichtiger, da immer mehr Menschen in Städte ziehen und es den Trend in Großstädten gibt, dass jeder für sich lebt, sodass sich Nachbarn untereinander gar nicht kennen und die Identifikation mit dem Quartier sinkt. Durch BZ wird der soziale Zusammenhalt gestärkt und ein Gefühl von Zugehörigkeit vermittelt, sodass der Trend der Individualisierung in Großstädten erfolgreich seit 20 Jahren bekämpft wird.

In der Einführung der Broschüre geht es um die Geschichte der BZ. Die Grundidee vor 20 Jahren war die Rückeroberung der Stadtzentren. Die erste BZ war eine Flaniermeile in Burgdorf, die für eine erhöhte Verkehrssicherheit, weniger ortsinternen Verkehr und bessere Bedingungen für den Fußverkehr sorgte. Gleichzeitig sollte damit das Shoppen in der Einkaufsstraße gestärkt werden, welches normalerweise durch den Kfz-Verkehr in seinem Komfort und Attraktivität beeinträchtigt wird. Allerdings waren damals nicht einmal Versicherungs- und Haftungsfragen geklärt, weshalb das Projekt nur unter starker kommunikativer Einbindung aller Akteursgruppen ein Erfolg werden konnte und allgemeine Aufmerksamkeit in der Schweiz bekam, sodass die BZ 2002 in die Signalisationsverordnung offiziell aufgenommen wurden.

Innerhalb der letzten 20 Jahren sind ca. 1.000 BZ entstanden, die an den Orten, wo sie errichtet wurden, dafür gesorgt haben, dass es einen geringeren Lärmpegel, sauberere Luft und eine Reduktion von schweren Unfällen gibt. Aus diesem Grund sind BZ aktuell ein klassisches Werkzeug der Verkehrsberuhigung. Jedoch sind BZ sehr vielseitig einsetzbar und können auch als Treffpunkt für sozialen Austausch, Spielplatz, Flanierzone oder Shoppingmeile fungieren. Bisher sind BZ aber fast nur in größeren Städten vertreten und kaum in kleineren Gemeinden, da hier Bevölkerung und Behörden teilweise noch von ihrem Nutzen überzeugt werden müssen. Deshalb ist mehr Forschungsarbeit nötig, sodass den Behörden einfach die Daten vorgelegt werden können.

Es gibt vier Hauptorte, an denen BZ entstanden sind bzw. entstehen sollten. Diese sind zum einen vor Schulen, damit es eine erhöhte Verkehrssicherheit gibt, sodass Kinder noch risikofreier zu Schule gelangen. Zum anderen im Wohnumfeld, damit es auch dort eine erhöhte Verkehrssicherheit für Kinder und Anwohner gibt. Gleichzeitig soll so ein sozialer Treffpunkt für alle Anwohnenden geschaffen werden. Ein weiterer Hauptort ist die Altstadt, wo BZ v.a. entstanden sind, um den Kfz-Verkehr zu beruhigen und um eine Einkaufsmeile zu schaffen. Am Bahnhofsplatz sind BZ dafür verantwortlich die Geschwindigkeit zu reduzieren.

Im nächsten Teil der Broschüre geht es um Potenziale von BZ, wie z.B. die verbesserten Rahmenbedingungen für Gewerbe. So kommt es durch BZ größtenteils zu positiven Entwicklungen in Bezug auf Besucherzahlen, Zufriedenheit von Konsumenten und Unternehmen, Umsatzentwicklungen und Beschäftigungseffekten. Zusätzlich verbessern, wie Studien belegen, Begegnungszonen auch die Lebensbedingungen. So kommt es durch BZ zu einer gesteigerten Lebensqualität, Identifikationsgefühl, mehr Nachbarschaftskontakten und zu einem häufigeren Verweilen im öffentlichen Raum. In Bern sind Begegnungszonen schon so populär, dass überall, wo das Quartiersleben im Vordergrund steht, großflächige BZ entstanden sind, die sich über ganze Straßenzüge mit Tempo 20 erstrecken, während nur auf den Hauptverkehrsachsen der Stadt Tempo 30 erlaubt ist.

Teilweise können BZ aber auch als Vorstufe von Fußgängerzonen gesehen werden, da eben jener Prozess der Umwandlung in weiten Teilen der Stadtzentren in der Schweiz vorangetrieben wurde. Die Umwandlung ist schon so weit vorangeschritten, weil sobald das Stadtzentrum durch den motorisierten Individualverkehr erschlossen wurde und die Bevölkerung und das Gewerbe durch BZ für das Flanieren sensibilisiert wurden, lassen sich diese ohne großes Konfliktpotential in Fußgängerzonen umwandeln, sodass ein noch belebteres Straßenbild entsteht und noch mehr Kundschaft in die Innenstadt gelockt wird.

Im letzten Teil der Broschüre geht es um die aktuellen Probleme und Herausforderungen, die bei der Errichtung einer BZ entstehen. Das größte Problem hat dabei der Busverkehr, denn durch BZ haben Fußgänger Vorrang, sodass es während Stoßzeiten zu erheblichen Unregelmäßigkeiten kommt, weshalb es nicht wirklich möglich ist einen verlässlichen Busfahrplan zu erstellen. Allgemein ist die Mischung bzw. Koexistenz mit anderen Verkehrsmitteln oder Nutzungsfunktionen sehr schwierig, da so der Fußverkehr automatisch eingeschränkt wird. BZ sind jetzt schon ein sehr wichtiges Werkzeug, da sie für saubere Luft, sichereren Straßenraum mit mehr Aufenthaltsqualität, mehr Interaktionen unter den Anwohnern, weniger Unfälle und eine Verlagerung des Durchgangsverkehrs auf das übergeordnete Verkehrsnetz sorgen. Aufgrund des Erfolges von BZ in der Schweiz und ihrer großen Popularität wurden BZ vor einigen Jahren auch in Österreich eingeführt.

Bewertung

Die Broschüre gibt einen umfassenden Blick auf Begegnungszonen, deren Entstehung, aktuellen Situation in der Schweiz und die größten Herausforderungen aber auch Chancen, die sie mit sich bringen. Es wird eine Bilanz gezogen, bei der auch die Probleme von Begegnungszonen benannt werden und Lösungen vorgeschlagen werden. Des Weiteren werden viele positive Beispiele genannt, die mit sehr anschaulichen Bildern unterstützt werden, sodass das Verständnis über das Vermittelte gefestigt wird. Der einfache Aufbau der Broschüre so wie der gut verständliche Text erlauben es auch fachfremden Lesenden alles nachzuvollziehen. Die Broschüre schafft es, die Lust auf Lesen auf knapp 40 Seiten auf hohem Niveau aufrecht zu erhalten. Kurze, aber interessante Randinformationen zu anderen Begegnungszonen, Erklärungen von dem Beschriebenen und die gute Gliederung des Textes helfen dabei.

Titel:

Begegnungszonen, Tendenzen und Herausforderungen nach 20 Jahren

Verfasser:

Fussverkehr Schweiz/ Bundesamt für Strassen (Hrsg.); Jenny Leuba, Pascal Regli, Matthias Kilchenmann, Marion Ronca. Zürich/ Bern. Juni 2022, 40 Seiten

Bezug:

Download gratis bei fussverkehr.ch → Publikationen → Studien und Berichte

 

Impressum:

Erstveröffentlichung in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung, Februar 2023. Der Kritische Literaturdienst Fußverkehr Krit.Lit.Fuss erscheint seit 1992 als Beilage des InformationsDienstes Verkehr IDV und nach der Namensumbenennung ab dem Jahr 2002 vierteljährlich in der mobilogisch! Zeitschrift für Ökologie, Politik & Bewegung.

Autorin dieser Ausgabe: Tim Oettle.

Herausgeber: FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr Deutschland, Exerzierstraße 20, 13357 Berlin, Tel. 030/492 74 73, Fax 030/492 79 72, eMail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., www.fuss-eV.de

Möchten Sie, dass eine aktuelle Fachliteratur mit einem deutlichen Fußverkehrs-Bezug im Kritischen Literaturdienst Fußverkehr besprochen wird, nehmen Sie bitte mit FUSS e.V. Kontakt auf.