Foto: Cody Lannom, Unsplash

Beteiligung an der Konsultation
KOM(2009) 279/4
MITTEILUNG DER KOMMISSION
Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr:
Wege zu einem integrierten, technologieorientierten und nutzerfreundlichen System


Stellungnahme
FUSS e.V.
Fachverband Fußverkehr Deutschland
vom 25. September 2009


Zur besseren Einordnung der genannten Abschnitte der Mitteilung:
Abschnitt 1: Einleitung
Abschnitt 2: Bewertung der Verkehrspolitik der letzten Jahre
Abschnitt 3: Trends und Herausforderungen bis Mitte des Jahrhunderts
Abschnitt 4: Sieben strategische Ziele für einen nachhaltigen Verkehr
Abschnitt 5: Empfehlungen über den Einsatz politischer Instrumente

 

  1. Es wird empfohlen, bereits in der Überschrift das zentrale Ziel einer sozial, ökologisch und ökonomischen Nachhaltigkeit des zukünftigen Verkehrs zu verdeutlichen. Die „Technologieorientiertheit“ ist kein Wert an sich, den es anzustreben gilt. Intelligente Technologie kann ein geeignetes Werkzeug zur Erreichung des Zieles darstellen, wobei sie nach unserer Auffassung zumindest für den Verkehr in Ballungsräumen nicht die zentrale Rolle einnimmt, um die in Abschnitt 4. genannten und bisher teilweise verfehlten Ziele zu erreichen. Auch kann die „Nutzerfreundlichkeit“ kein allgemein formuliertes Ziel sein, wenn es darum gehen soll, Verbraucherverhalten zu steuern. Genau das in sich geschlossene System für den motorisierten Individualverkehr und der Versuch, Autobenutzer/innen an jeder Stelle der Stadt eine Parkmöglichkeit zu bieten, haben zur unangemessenen und unreflektierten Nutzung des eigenen Pkw geführt.

  2. Es wird darum gebeten, in Abschnitt 2. neben der Luftverschmutzung, der Treibhausgasemissionen, dem Flächenverbrauch und der Verkehrssicherheit auch die Erfolge oder Misserfolge der Lärmminderung zu analysieren, um auch hier den Handlungsbedarf einschätzen zu können. 

  3. Für nötig gehalten wird, die Herausforderung der gesundheitlichen Situation der Bevölkerung und die Problematik der Kostenexplosion im Gesundheitswesen der EU-Mitgliedsstaaten parallel zu den ökologischen Herausforderungen bereits in Abschnitt 3. aufzuführen und zu analysieren. In der Bevölkerung dürfte der Erhalt der Gesundheit eine prioritäre Rolle einnehmen, selten aber werden damit die über die Schäden durch Verkehrsunfälle hinausgehenden allgemeinen Gesundheitsschäden verbunden, die mit der Mobilität zusammenhängen (Luftverschmutzung, Lärm, Bewegungsmangel). 

  4. In Abschnitt 4. Sollte deutlicher darauf geachtet werden, ob die Aussagen allgemein gelten oder sich in der Hauptsache auf den Nah- oder den Fernverkehr beziehen. Für eine differenzierte Ausformulierung der strategischen Ziele für die Zukunft der europäischen Verkehrspolitik müssen die Verkehre deutlicher benannt werden, um dadurch eine detailliertere Fokussierung auch auf notwendige Maßnahmen im Stadtverkehr zu ermöglichen, wo die deutliche Mehrheit der Europäer lebt. Die weitergehende Verstädterung in der beschriebenen signifikanten Größenordnung bietet auch die Chance, die Verminderung der Luftverschmutzung und Klimabelastung, die Lärmminderung und Erhöhung der Verkehrssicherheit kompakter angehen zu können.

  5. Als nicht zielführend wird angesehen, die Stauauflösung im Kraftfahrzeugverkehr als ein verkehrspolitisches Ziel einzuordnen, denn Stau ist lediglich ein Indikator für notwendige Maßnahmen. Neben den im Abschnitt 5. aufgezeigten gibt es ein breiteres Spektrum von Maßnahmen, z.B. Anreize zur Verlagerung auf effizientere und umweltfreundlichere Verkehrsträger, Netzintegration aller Verkehrsträger, Optimierung der Wegeketten, Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten und damit ein gleichmäßiger Verkehrsfluss, Infragestellung der grundsätzlichen Erreichbarkeit aller Zielpunkte durch den motorisierten Individualverkehr durch restriktivere Regelungen für den ruhenden Verkehr, usw.   

  6. Es wird dringend empfohlen, die im Abschnitt 5. trotz der den Handlungsspielraum der EU einschränkenden Subsidiarität angegebenen Maßnahmen für den motorisierten Individualverkehr (Stauminderung, „grüne Korridore“, Beseitigung von Engpässen) bei allen Gruppen von Verkehrsteilnehmern zu konkretisieren. Der in Abschnitt 2. erläuterte Handlungsbedarf im Bereich der Luftreinhaltung und sicherlich auch der Lärmminderung und die damit verbundenen notwendigen Verlagerungen von Verkehrsaufkommen auf effizientere und umweltfreundlichere Verkehrsträger setzt die strategische Förderung des Umweltverbundes durch Planung und Maßnahmen voraus. Das kann geschehen z.B. durch mehr Flächen für den Fuß- und Radverkehr, die Schaffung von Wegesystemen und Wegenetzen, sichere und komfortablere Querungsstellen über Fahrbahnen mit geringeren zulässigen Höchstgeschwindigkeiten, eine bessere Verknüpfung des Fußverkehrs mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, Wegeleitsysteme, usw..         

  7. Angesichts der Herausforderungen im Bereich des Umweltschutzes, der Verkehrssicherheit und auch der Umsteigebereitschaft der Bevölkerung auf effizientere und umweltschonendere Verkehrsträger wird dringend empfohlen, die seit Jahren bekannten positiven Auswirkungen von geschwindigkeitsdämpfenden Maßnahmen in die Empfehlungen der Kommission aufzunehmen. Die Analyse zeigt u.a., dass die Städte auch mit einer deutlichen Ausweitung von Tempo-30-Regelungen in dieser Hinsicht nicht recht weitergekommen sind, weil die Maßnahmen zur Senkung der Geschwindigkeiten bisher in der Regel auf das Nebenstraßennetz und häufig auf das Aufstellen von Verkehrszeichen beschränkt blieben, die Probleme aber überall in der Stadt und konzentriert in den Hauptverkehrsstraßen auftreten. Darüber hinaus sollte darauf hingewiesen werden, dass mit den erprobten und bewährten Verkehrsberuhigungsmaßnahmen wie z.B. den „Verkehrsberuhigten Bereichen“ in Deutschland oder den „Begegnungszonen“ in Frankreich soziale und ökologische Nachhaltigkeit konsequenter erreicht werden können, als dies bisher geschah.

  8. Die in Abschnitt 5. geforderten Aufklärungs-, Informations- und Sensibilisierungskampagnen werden nicht allein die Lebensstile und damit die Verkehrsmittelwahl der Bürger verändern, sondern können das nur im Zusammenhang mit einer vernetzenden Stadt- und Regionalplanung der kurzen Wege und der Schaffung von angenehmen und lebenswerten Städten.