Für Gehwegbreiten gibt es kein gesetzliches Maß. Die fachlich anerkanntesten Aussagen dazu kommen von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) - einer privaten Institution, in der viel Sachverstand (und Interessenvertretung) versammelt ist.
Ähnlich wie das DIN-Institut publiziert die FGSV Richtlinien und Empfehlungen. Diese sind nicht rechtsverbindlich, definieren aber in der Regel den "Stand der Technik".
Für Gehwege hat die FGSV "Empfehlungen für Fußverkehrsanlagen" (EFA) aufgestellt. Sie unterscheiden im Grundsatz drei Funktionsbereiche auf dem Weg:
- in der Mitte den Gehbereich als funktional erforderlicher Fortbewegungsraum der Fußgänger mit einem Grundmaß von 1,80 Meter. Grundannahme hierfür sind je 0,80 Meter für einen Menschen, der z.B. eine Tasche trägt, sowie 0,30 Meter zwischen zwei Menschen.
- an der Haus- oder Grundstücksseite einen Distanzstreifen von 0,30 Meter, der häufig auch als Wirtschafts- und Aufenthaltsfläche dient,
- an der Fahrbahnseite einen 0,50 Meter breiten Distanzstreifen als Schutz gegenüber dem fließenden Verkehr, der Leuchten und andere technische Elemente, häufig zwischen Straßenbäumen, aufnimmt und zu Parkständen erweiterbar ist.“ (ESG, 3.1.3)
Das Grundmaß von 1,80 Meter für den „Verkehrsraum“ des Fußverkehrs ist auf den Begegnungsfall bzw. das Nebeneinandergehen von zwei Personen ausgerichtet. Mit ihm und den Seitenräumen ergibt sich ein „lichter Raum“ bzw. als „Regelbreite“ das absolute Mindestmaß für Seitenraum-Gehwege von 2,50 Metern.
Leider ist dieses Maß nicht verbindlich und gerichtlich durchsetzbar. Es gibt kein Gerichtsurteil, in dem z.B. Planer verurteilt werden, weil das Gericht als (Mit-)Ursache für einen Unfall einen zu schmalen Gehweg erkannte. Als Unfallverursacher im Verkehrsrecht werden fast immer nur die direkte Beteiligten betrachtet und nie diejenigen, die den Unfall mit schlechter Infrastruktur befördert haben.
Den Raumbedarf von Menschen mit Behinderung betrachtet die FGSV in den "Hinweisen für barrierefreie Verkehrsanlagen" (H BVA): „Der Breiten- und Längenbedarf von Personen mit Stock oder Armstützen, blinden Personen mit Langstock, Blindenführhunden oder Begleitpersonen bzw. aus den Abmessungen von Rollstühlen ist größer, als diese für den allgemeinen Fußgängerverkehr in Ansatz gebracht werden [...].“ (H BVA, 3.1.1) Allgemein sollte der Seitenraum für die Nutzung durch mobilitätseingeschränkte Personen 2,70 m breit sein, zusammengesetzt aus 2 m Begegnungsraum (2 x 90 cm für Verkehrsteilnehmer und 20 cm Sicherheitsabstand), 50 cm Abstand zur Fahrbahn und 20 cm Abstand zu Haus oder Grundstück. ((H BVA , 3.3.1) Weitere Informationen finden Sie unter Barrierefreiheit.
Je nach örtlicher Situation sind erhebliche Mehrbreiten einzuplanen, z.B. für Kinderspiel, Schaufenstervorzonen, Haltestellen-Warteflächen, Aufstellflächen für Auslagen, angrenzende Schräg-/Senkrecht-Pkw-Parkstände, aber auch für viele im Umkreis von ca. 200 bis 500 m gelegene Infrastruktureinrichtungen wie Schulen, Bahnhöfe und Einkaufszentren (EFA, 3.2.2). An Straßen mit gemischter Wohn- und Geschäftsnutzung gelten Gehwegbreiten von mindestens 3,30 Meter als Grundanforderung ((EFA, 3.2). Bei hohem Fußverkehrsaufkommen müssen die notwendigen Flächen gegebenenfalls rechnerisch ermittelt werden, z.B. bei Fußgängerzonen und „Massenzielen“ wie Großsportstätten (EFA, 2.4 u. 3.2.3; HBS, 11.).
Zusätzlich sollten bei der Gehweg-Dimensionierung auch gestalterische Aspekte eine Rolle spielen, etwa städtebaugeschichtliche Bezüge, Freiraumqualitätsansprüche (z.B. Begrünung) und eine gute Proportionierung zwischen Geh-, Fahr- und Gehbereich, idealerweise ein Verhältnis von 3 zu 4 zu 3 (RASt, 5.1.2; ESG, 3.4.3, 3.5.2). Vielfältige Gestaltungshinweise finden sich in den Empfehlungen zur Straßenraumgestaltung innerhalb bebauter Gebiete (ESG).
Nur in drei Fällen können - davon abweichend – kleinere Mindestgehwegbreiten angesetzt werden:
a) 2,10 Meter bei Wohnwegen mit offenen bzw. niedrigen Einfriedungen (EFA, 3.2.4 und Tab. 2). Dieses Maß sollte grundsätzlich bei keinem straßenbegleitenden Gehweg in angebauten Straßen unterschritten werden, auch nicht auf kurzer Länge an Engstellen ((EFA, 3.2.1 und 3.2.4).
b) 1,50 Meter bei beengten dörflichen Hauptstraßen mit geringem Fußverkehrsaufkommen (RASt 5.1.2). Bis in die 1970er Jahre galt dieses Maß noch als allgemein übliche Breite für Gehwege; einzelne Planer/innen und Behörden haben allerdings noch immer nicht umgesetzt, dass seit vielen Jahren andere Mindestmaße gelten.
c) Bei der Wegeführung in Baustellen-Bereichen (mehr hier).
Ist innerhalb bebauter Gebiete zu wenig Platz für eine ausreichende Dimensionierung der Fußverkehrsanlagen vorhanden, so sind folgende Punkte zu prüfen, um die Bereitstellung ausreichend breiter Fußverkehrsflächen mindestens nach dem abgeminderten Regelfall (2,10 Meter) zu ermöglichen:
- Verzicht auf Flächen für ruhenden oder ladenden Verkehr oder den Radverkehr
- Reduzierung der Anzahl der Fahrstreifen, Umstellung auf Einrichtungsverkehr
- Verringerung der Fahrstreifenbreite bei gleichzeitiger Verminderung der Geschwindigkeit
- Verzicht auf gesonderte Radverkehrsanlagen, dafür Anlage von Schutzstreifen (EFA, 3.2.4).
Entsprechende Nutzungsansprüche für den Fußverkehr sind bei der Festlegung der Fahrbahnbreite zu berücksichtigen, wobei sie deren Verschmälerung notwendig machen können (RASt, 4.3). So reicht z.B. eine Fahrbahnbreite von 5,55 Meter aus, um die Begegnung Lkw/Pkw bei einer Geschwindigkeit bis zu 40 km/h zu ermöglichen (RASt, 4.3). Es wird zum Teil auf die Sicherheitsräume verzichtet (RASt, 4.3).
[StVO] Straßenverkehrs-Ordnung in der Fassung vom 6. März 2013