Grenzwertig: Fahrräder dürfen auf dem Gehweg abgestellt werden, aber den Fußverkehr nicht behindern. Praktisch tun sie es leider doch.

Fahrräder dürfen auf dem Gehweg abgestellt werden, wenn sie Fußgänger nicht erheblich behindern. Zwar ist ein Fahrrad normalerweise rechtlich ein Fahrzeug, das nach § 12 Absatz 4 der StVO nur am rechten Fahrbahnrand parken darf. Wer aber sein Fahrrad auf dem Gehweg schiebt, ist faktisch wie rechtlich nicht Radfahrer, sondern Fußgänger. Das Fahrrad ist in diesem Moment kein Fahrzeug mehr, sondern ein vom Fußgänger mitgeführter Gegenstand. Dieser darf mitgeführt und abgestellt werden, solange er nicht den Gehenden im Weg steht und solange das Rad nicht "verkehrswidrig und verkehrsfremd" abgestellt wird, zum Beispiel als Werbeträger.

Das gilt für Gehwege wie für Fußgängerzonen. Wir nennen zwei Gerichtsurteile zu diesem Thema:

Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
Urteil vom 29.01.2004, 3 C 29/03

Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig 6. Kammer,
Urteil vom 1.2.2017, 6 A 227/16

Wichtig ist uns dazu:

1. Wer ein Rad auf dem Gehweg abstellen will, darf es nicht dorthin oder von dort fahren! Es gilt auch hier: Ab der Bordsteinkante muss geschoben werden. Wer sich aber nicht vom Sattel lösen kann und noch den letzten Meter fahren statt schieben möchte, dem bleibt als Abstellort nur der rechte Seitenstreifen der Fahrbahn.

2. Auf dem Gehweg dürfen Fahrräder nicht so abgestellt werden, dass sie Fußgänger behindern oder belästigen. Auch wo nur wenige Menschen gehen, müssen sie mit Kinderwagen, mit zwei Taschen oder im Rollstuhl bequem passieren können. Wo viele gehen, da darf auch ein breiter Gehweg nicht so eingeengt werden, dass für Fußgänger ein Engpass entsteht.

3. Für Leihräder hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass sie nur mit Sondernutzungserlaubnis der Stadt auf dem Gehweg stehen dürfen (Beschluss vom 22.11.2020, Az 11 B 1459/20). In Berlin ist das Gleiche im Straßengesetz geregelt. In weiteren Bundesländern berufen sich die Verleiher auf ein älteres Urteil des OVG Hamburg, nach dem das Anbieten auch ohne Erlaubnis möglich sei (Urteil vom 19.6.20029,  Az 2 Bs 82/09).

3. Auch Leihräder dürfen auf dem Gehweg stehen - leider! Hier braucht es eine klare Regel in der Straßenverkehrsordnung, nach der nur das Abstellen privater Räder auf dem Gehweg ein stets erlaubte "Gemeingebrauch" ist - und jedes kommerzielle Abstellen eine Sondernutzung, die von der Stadt genehmigt und von den Firmen bezahlt werden muss.

4. Auch für das Abstellen von Privaträdern sollten die Städte und Gemeinden Sperrzonen erlassen dürfen, in denen es nicht gestattet ist. Das kann zum Beispiel das Überschwemmen von Bahnhofsvorplätzen mit Rädern eindämmen. Natürlich sollte es für sie andere Orte geben, etwa Radgaragen.

5. Es gibt mehr und mehr großvolumige und monströse Räder mit Anhängern, für Lasten und für Pakete. Das längste fährt für Hermes und ist mit 4,65 Metern so lang wie ein Mittelklassewagen. Solche sperrigen Geräte haben auf dem Gehweg nichts zu suchen. Auch das muss in der Straßenverkehrsordnung klargestellt werden.

6. Wir sind uns einig mit Fahrradverbänden und -initiativen, dass der beste Abstellplatz für Räder Bügel auf der Fahrbahn sind. Faustregel: Wo ein Auto stehen kann, passen acht Räder hin. Unser Rat an Städte und Gemeinden: Steigern Sie die Parkraum-Effizienz am Fahrbahnrand um das Achtfache!