Was treibt Radfahrer auf den Gehweg? Nur die Angst vor Autos und Enge an der Fahrbahn, sagen viele. Und versprechen: Gäbe es richtig gute Wege (im Jargon: "Rad-Infra") dann würde uns keiner mehr vor die Füße fahren.
Das haben wir uns an drei Berliner Orten mit bester "Rad-Infra" angesehen. Nach unseren Beobachtungen fahren dort 50 bis 80 Prozent auf den für sie gedachten, hier auch gut gebauten und sicheren Wegen - aber die anderen auf dem Gehweg.
Warum eigentlich? Es ist auf solchen Gehwegen nicht sicherer, es ist nicht geräumiger - und es laufen auch noch störende Menschen zu Fuß herum. Aber es scheint oft bequemer: Die Fahrt startet oder endet auf dem Weg, man fährt links, weil man von anderswo zuerst auf die linke Seite kommt und nicht die Fahrbahn überqueren will. Und viele denken sich gar nichts.
Es gibt wirklich Verteidiger des Gehwegradelns. Sie behaupten, das täten vor allem hilflose nd bedrohte Kinder, Alte, Frauen und Kranke. Die nebenstehenden Biler haben wir nicht nach Personentyp ausgewählt. Es radelten uns aber nur gesund wirkende Männer zwischen etwa 20 und 50 vor die Linse - Herren im durchsetzungsfähigen Alter und von robustem Willen, den man auf dem Sattel so unbekümmert ausleben kann wie hinterm Steuer.
Warum tun sie's? Ein Grundproblem ist die Annahme einer Radler-Minderheit, ihr gehöre die Welt, ganz und komplett. Fahrbahn, Radweg und Gehweg, Bahnsteig oder Parkrasen, Bergpfad oder Kurpromenade - völlig egal. Wo man physisch fahren kann, da fährt man eben auch.
So denkt zum Glück nicht die Mehrheit unter den Radfahrern. Sie respektiert Regeln und Grenzen - auch die Bordsteinkante. Mit dieser Mehrheit engagieren wir uns weiterhin für gute Wege wie die hier gezeigten.
Aber bei der Minderheit? Da ist alles vor tauben Ohren verpufft - Verkehrsunterricht, Bußgeldkatalog, Polizei, die Appelle von Verkehrswacht, ADFC oder uns. Da muss es wohl ab und zu ganz deutlich werden - mit einem Bußgeld, das richtig wehtut. So weh, dass nach einem bis zweimal zahlen niemand mehr den Gehweg missbrauchen mag. In Frankreich kostet auf dem Gehweg das Radeln, E-Rollern und Parken 135 Euro. Auch darum kann man auf den Pariser Boulevards entspannt flanieren.