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Mehr Platz zum Gehen und Radfahren, mehr Busspuren und Zebrastreifen, etwas häufiger Tempo 30 statt 50: Der Bundesrat hat am 5.Juli Änderungen in der Straßenverkehrsordnung gebilligt, die den Splelraum der Städte vergrößern.

Bisher war ihnen fast alles verboten, was den Autoverkehr einschränken könnte. Vor allem in großen Städten sind die Menschen aber viel öfter zu Fuß, per Bus, Bahn und Rad unterwegs. Das können die Städte jetzt mit Verkehrsregeln und Straßenumbauten stärker berücksichtigen.

 Das kann aber nur ein erster Schritt sein. Städte und Gemeinden haben noch längst nicht die nötige Freiheit, über das Höchsttempo auf ihren Straßen zu entscheiden. Das fordern immerhin 1.093 Städte, Landkreise und Gemeinden, die die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ bilden. Zu Zebrastreifen fordert FUSS: Die Schaffung neuer Zebrastreifen wird zwar in der StVO erleichtert, aber weiterhin durch zwei Bundes-Regelungen geknebelt – die Richtlinie für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ) und die Verwaltungsvorschriften zum Zebrastreifen-Paragrafen 26 der StVO. Sie verbieten oder erschweren Zebrastreifen zum Beispiel vor Schulen, in Tempo-30-Zonen, auf Straßen mit Grüner Welle für Kfz und ausgerechnet auf Straßen mit besonders viel Autoverkehr, auch wenn sie besonders nötig wären. Diese Regeln müssen dringend modernisiert werden. Millionen Menschen haben Bedarf an Zebrastreifen, damit sie sicherer und ohne Warten über die Fahrbahn gehen können.

Leicht geändert wurde nach 87 Jahren eine strenge Formulierung, die wortwörtlich aus der Reichs-Straßenverkehrsordnung von 1937 stammt: Seitdem waren Fahrbahnen zu Fuß „auf dem kür­ze­sten Wege quer zur Fahrt­rich­tung zu über­schrei­ten“. Jetzt darf man statt des „kürzesten“ auch einen „kurzen“ Weg nehmen. Dazu FUSS: Schön, dass die in der Nazizeit eingeführte Gängelung jetzt wenigstens ein bisschen gelockert ist.

Aufträge für den Verkehrsminister: Vision Zero, Fußverkehr, Geh- und Radwege

Einige Aufträge gab der Bundesrat Verkehrsminister Wissing auf den Weg:

  • Der Verkehrsminister soll die Aufnahme der „Vision Zero“ mit dem Ziel „Null Verkehrstote“ in die Straßenverkehrsordnung prüfen.
  • Zur Förderung des Fußverkehrs soll der Minister drei Jahre alte Empfehlungen der Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer (VMK) prüfen und „bei der Weiterentwicklung des Rechtsrahmens berücksichtigen“. Die Länderminister hatten Wissing seit 2021 hierum auf allen Konferenzen gebeten; er hat das stets verschleppt.
  • Wissing soll in der Straßenverkehrsordnung festschreiben, dass auf sogenannten „gemeinsamen“ Geh- und Radwegen der Fußverkehr von Radfahrern nicht gefährdet oder behindert werden darf. Wenn nötig, müssen sie langsam fahren, Erforderlichenfalls ist die Geschwindigkeit an den Fußverkehr anzupassen. Bisher ist das Thema nur in einer Verwaltungsvorschrift (VwV-StVO) geregelt, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist.

 

Hintergrund-Info

Der Bundesrat stimmte am 5.7. unter anderem folgenden Änderungen der StVO zu:

  • Die lokalen Verkehrsbehörden können jetzt zugunsten von Busspuren, Geh- und Radwegen leichter als bisher Kraftfahrzeugen „die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken … beschränken oder verbieten“ (§ 45 Absatz 1 Satz 2 neue Nummer 7).
  • Wo auf Hauptstraßen vor Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern oder Altenheimen 300 Meter kurze Tempo-30-Abschnitte möglich waren, können diese jetzt miteinander verbunden werden, wenn höchsten 500 Meter dazwischen liegen. (§ 45 Absatz 9 Satz 4 Nummer 4). Dann gibt es nicht mehr den häufigen Wechsel zwischen 50 und 30, der heute viele Verkehrsteilnehmer verwirrt.
  • Tempo 30 auf Hauptstraßen ist jetzt auch vor Spielplätzen und an „hochfrequentierten Schulwegen“ möglich (§ 45 Absatz 9 Satz 4 Nummer 6).
  • Busspuren und Zebrastreifen waren bisher wie viele andere Regelungen nur möglich, „wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist“ (§ 45 Abs. 9 Satz 1). Nunmehr können sie beide auch ohne „zwingenden“ Bedarf angelegt werden.