Ampelschaltungen für schnellen Autoverkehr

Im Jahr 2004 wurden in Hamburg 13 Kreuzungen versuchsweise mit sogenannten adaptiven Ampelschaltungen ausgestattet. Das bedeutet, dass die Autoverkehrsmengen gemessen und die Grünzeiten angepasst werden. Es bedeutet aber auch, dass FußgängerInnen und RadfahrerInnen nicht mehr automatisch grün bekommen, sondern dies über einen Taster anfordern müssen. Gleichzeitig wurden die Grünphasen für den nichtmotorisierten Verkehr verkürzt.

Begründet wird dies von der Baubehörde damit, dass sie „den städtischen Verkehr durch Optimierung von Lichtsignalanlagen verflüssigen“ will. Daraus ist zu erkennen, dass nur der motorisierte Verkehr zählt, FußgängerInnen und RadfahrerInnen jedoch als verkehrsbehindernde, lästige Begleiterscheinung betrachtet werden. Andere Städte haben erkannt, dass die Lebensqualität nicht durch rasende Autos sondern durch attraktive Fuß- und Radwege erhöht wird. Der Hamburger Senat setzt dagegen noch immer auf die wachsende Autostadt. Statt in bequeme Fußwegenetze und gute Radwege sollen bis 2010 20 Millionen Euro in die Umrüstung und den Unterhalt dieses Systems gesteckt werden. Dabei sollen nach und nach weitere Kreuzungen in der ganzen Stadt einbezogen werden.

Die Interessen der besonders betroffenen Menschen wie Alte, Behinderte, Kinder, Umsteiger in öffentlichen Verkehrsmitteln und aller, die sich ökologisch sinnvoll fortbewegen, werden dabei völlig vernachlässigt. Sie fühlen sich als Menschen zweiter Klasse. Sie werden sich angewöhnen, die letzten Meter zur Ampel zu hetzen, weil vielleicht noch niemand gedrückt hat. RadfahrerInnen können nicht mehr vorausschauend fahren, um die Ampel genau zur Grünphase zu erreichen. Dem Umstieg vom Auto zu umweltfreundlichen, stadtverträglichen Verkehrsträgern wird eine weitere Hürde in den Weg gestellt – es wird noch weniger attraktiv, ohne Auto unterwegs zu sein. Zu befürchten ist auch, dass die Neigung zur Rotlichtmissachtung steigen wird.

Erfahrungsgemäß wird das Verflüssigen des Autoverkehrs durch adaptive Schaltungen nur punktuell und zeitlich begrenzt zu besserem Autoverkehrsfluss führen - solche Maßnahmen haben bislang immer nur noch mehr Verkehr erzeugt, die diesen Effekt mehr als aufgefressen haben.

Um die HamburgerInnen zu informieren und den Betroffenen eine Stimme zu verleihen, sammeln die beteiligten Verbände ADFC, FUSS e.V., VCD und die „Bürgerinitiative Ring 2“ derzeit Unterschriften gegen die Bettelampeln.

Die Forderungen sind:

  1. An allen Kreuzungen automatische Grünzeit für Fußgänger und Radfahrer mit jedem Ampelumlauf.
  2. Keine Grünzeitverkürzung für Fußgänger und Radfahrer zu Gunsten abbiegenden Autoverkehrs.
  3. Die Grünzeit muss so bemessen sein, dass auch langsame Menschen in einem Zug, ohne Warten auf der Mittelinsel, die Straße überqueren können.
  4. Eine Grünschaltung für Fußgänger und Radfahrer kurz vor dem Autoverkehr, da diese bei Abbiegeverkehr zu mehr Sicherheit beiträgt.

Uns interessiert, ob es auch in anderen Städten schon Erfahrungen mit adaptiven Ampelschaltungen und evtl. dem Widerstand dagegen gibt. Über eine Information würde ich mich freuen: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

Weitere Informationen:

 

Dieser Artikel von Sonja Tesch ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 1/2006, erschienen.

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