Verkehrsminister Wissing will E-Scooter auf mehr Gehwegen und in mehr Fußgängerzonen zulassen. Den bisher vorgeschriebenen Mindestabstand zu Fußgängern beim Überholen will er abschaffen: Mehr Drängeln wird erlaubt.

All das sieht ein neuer Referentenentwurf seines Hauses vor. Der Minister gehorcht den Wünschen der E-Scooter-Lobby. Die Gefahren und Hindernisse für Millionen Menschen zu Fuß sind ihm offenbar egal. E-Scooter sollen nach dem geplanten § 39 StVO Abs.7a des Entwurfs überall dort auf Gehwegen fahren dürfen, wo das Zusatz-Verkehrszeichen 1022-10 „Rad frei“ bisher nur Fahrräder zulässt. Das betrifft zahlreiche Gehwege und Fußgängerzonen. Dabei werden vor allem Leih-E-Scooter oft gefährlich und chaotisch gefahren. Wo Kinder, Ältere, Menschen mit Behinderungen und viele andere unterwegs sind, haben sie nichts verloren.

Noch gefährlicher soll es werden, weil Wissing Drängeln erlauben will: Wer mit E-Scootern Fußgänger überholt, muss bisher laut § 5 Abs. 4 Satz 2 StVO einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten. Diese Pflicht will der Verkehrsminister streichen. Das ist eine besonders grobe Attacke auf den Fußverkehr. Zudem sollen E-Scooter an Ampeln mit Abbiegepfeil bei Rot rechts abbiegen können, auch wenn Fußgänger vor ihnen gerade Grün haben.

Bußgelder sollen zwar geringfügig erhöht werden, illegales Gehwegfahren mit E-Scootern aber auch künftig nur 25 Euro kosten – und selbst gefährliches, schnelles Slalomfahren in dichtem Gewühl nur 35 Euro. Es sollten aber die gleichen Geldbußen wie für Autos gelten; sie beginnen bei 55 Euro. Sollte das nicht wirken, verweisen wir auf Frankreich, das mit Bußen bis 135 Euro für Gehwegfahren und -parken gute Erfahrungen macht.

Das Abstell-Chaos auf Gehwegen will Wissing verfestigen, indem er das Parkrecht für E-Scooter in der Straßenverkehrsordnung festschreibt. Wir schlagen dagegen vor, dass nach einer Übergangszeit ab Anfang 2026 E-Scooter auf Gehwegen nur noch auf markierten Flächen abgestellt werden dürfen, nicht mehr wild überall. Diese einzurichten, kostet zwar Geld. Aber das sollten nicht die Städte tragen, sondern die Verleihfirmen, die im öffentlichen Straßenraum ihr Geschäft machen.

Ein weiteres dringendes Thema geht der Referentenentwurf gar nicht an: Wer heute durch einen falsch abgestellten E-Scooter verletzt wird, bleibt auf dem Schaden sitzen, da es keine Halterhaftung des Verleihers gibt und der letzte Nutzer behaupten kann, jemand anders habe ihn gefährdend umgestellt. Es braucht eine gesetzlich geregelte Halterhaftung für Verleiher, damit diese selbst gefährliches Abstellen unterbinden.

 

Opposition, Polizei, Radler, Senioren, Sozialverbände, Städte: Alle verreißen den Entwurf

Am Referentenentwurf hagelt es Kritik. Hier eine Auswahl

Allgemeiner Deutscher Fahrradclub

Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband

Deutsche Polizeigewerkschaft

Deutscher Städtetag

Gewerkschaft der Polizei

Seniorenvertretung Nordrhein-Westfalen, Seniorenbeirat Berlin, Interessengemeinschaft Selbstbestimmt Leben gemeinsam mit FUSS e.V.

VdK Sozialverband

Weitere, u.a. CDU/CSU-Fraktion im Bundestag (Christoph Ploß)

 

Was Sie tun können: Brief an den Verkehrsminister und Petition

Hier ein Musterbrief: herunterladen, wenn nötig individuell abwandeln und an den Minister schicken.
Hier unsere Petition: digitale Unterschrift genügt.