Auszüge aus der Begründung des Urteils des 3. Senats vom 6. Juni 2024 - BVerwG 3 C 5.23

In folgenden Sätzen bekräftigt das Bundesverwaltungsgericht, was klar in der Straßenverkehrsordnung steht und was alle wissen sollten, die eine Fahrschule besucht haben. Schwarzparker, leider auch ihnen zugeneigte Behörden ignorieren es aber seit Jahrzehnten - und brauchen dringend diese höchstrichterlichen Erinnerungen:  

 

Das Recht auf den Gehweg

Anwohner … sind auf die Nutzung des vor ihrem Grundstück verlaufenden Gehwegs in besonderer Weise angewiesen.

Verbotenes Gehwegparken verletzt … die "Ordnung des Verkehrs" im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO. Die auf den Gehwegen verbotswidrig abgestellten Fahrzeuge nehmen einen Verkehrsraum in Anspruch, der gemäß § 12 Abs. 4 und 4a StVO i. V. m § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO namentlich den Fußgängern zur Nutzung zugewiesen ist.

Rücksichtnahme auf die Interessen der Anwohner ist … nicht erst geboten, wenn die Benutzung des Gehwegs nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar ist.

Für den fließenden Verkehr sind die Fahrbahnen den Fahrzeugen, die Gehwege den Fußgängern zur hauptsächlichen Nutzung zugewiesen. Parken dürfen Fahrzeuge auf Gehwegen nur, soweit das durch Verkehrszeichen oder Markierung erlaubt ist (§ 12 Abs. 4 und 4a StVO). Diese Aufteilung des öffentlichen Straßenraums dient dem Interesse der Allgemeinheit an einer sicheren und leichten Fortbewegung aller Verkehrsteilnehmer. Das Verbot, auf dem Gehweg zu parken, wo nicht ausdrücklich erlaubt, schützt allerdings in erster Linie die Fußgänger und andere berechtigte Gehwegbenutzer. Sie können die Gehwege – wie vorgeschrieben oder jedenfalls erlaubt – nur benutzen, soweit dort nicht Fahrzeuge parken.

Das aus § 12 Abs. 4 und 4a StVO folgende Verbot des Gehwegparkens schützt nicht nur das Interesse der Gehwegbenutzer als Teil der Allgemeinheit, sondern – räumlich begrenzt – auch das individuelle Interesse der Anwohner an einer bestimmungsgemäßen Benutzung des Gehwegs, ohne dabei durch parkende Fahrzeuge erheblich beeinträchtigt zu werden

Nötiger Raum auf dem Gehweg

Von Bedeutung sind u. a. die verbleibende Gehwegbreite, die Länge der Verengung, das Verhältnis der verbotswidrig in Anspruch genommenen zur gesamten Gehwegfläche, die Dichte des Gehwegverkehrs und die Ausweichmöglichkeiten sowie die Dauer der Beeinträchtigungen. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht auch die Folgen des verbotswidrigen Parkens für Personen im Rollstuhl und mit Kinderwagen in den Blick genommen; Personen mit einem Kind an der Hand sind ebenfalls zu betrachten. Anwohner haben unabhängig davon, ob sie zu diesem Personenkreis gehören, ein schutzwürdiges eigenes Interesse, diesen Personen bei der Benutzung des Gehwegs begegnen zu können.

Keine Rechte für Falschparker

Das Interesse der parkenden Verkehrsteilnehmer an einer ungehinderten Fortsetzung ihres rechtswidrigen Verhaltens kann den Interessen der Kläger … nicht entgegengehalten werden; es ist nicht schutzwürdig.

Der Umstand, dass die Beklagte (Anm. FUSS: das Land Bremen) das Gehwegparken seit Jahren duldet, ändert nichts an dessen Verbotswidrigkeit; ein "Gewohnheitsrecht" auf Gehwegparken wird dadurch nicht begründet.

Eingriffsrecht für Behörden

Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde zur Unterbindung verbotenen GehWegparkens … wären durch Gründe der "Sicherheit des Verkehrs" im Sinne dieser Regelung (Anm. FUSS: § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO) gerechtfertigt. Betroffen ist die "Sicherheit des Verkehrs" im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO nicht erst, wenn der Verstoß gegen eine Verkehrsvorschrift zu einer Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum führt… Es genügt, wenn … davon auszugehen ist, dass es auch in Zukunft zu den Verstößen kommen wird.

 

Die ganze Urteilsbegründung (von uns anonymisiert) hier

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