1964 wurde das Vorrangrecht für Fußgänger auf Zebrastreifen in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen. Aus Furcht, dies könnte den Autoverkehrsfluss negativ beeinflussen, gingen die Städte dazu über, Zebrastreifen abzubauen. Im damaligen Berlin(West) waren ca. zwanzig Jahre später nur noch 5 % der ehemals vorhandenen Fußgängerüberwege vorhanden. Parallel dazu nahmen die Fußgängerunfälle an Zebrastreifen drastisch zu und dies nicht deshalb, weil die Fußgänger ihren Vorrang nicht ordentlich wahrzunehmen in der Lage waren, sondern weil Kraftfahrer die Regelung nicht akzeptierten. Unfalluntersuchungen ergaben, dass nur bei etwa 1/4 der Kraftfahrer Geschwindigkeiten festgestellt wurden, die ein rechtzeitiges Anhalten vor dem Überweg überhaupt ermöglicht hätten. Wie ein Wirtschaftsförderungsprogramm brach die Signalisierung von Haupt- und Nebenstraßen über Deutschlands Städte hinein und es wurde über Jahrzehnte ohne weitere Nachweise verbreitet, dass Zebrastreifen die ohnehin schon gefährdeten Fußgänger noch mehr gefährden würden.

Die Autolobby bewertete damals dass „plötzliche“ hervortreten als negative Eigenart dieser Spezis, obwohl dies ja nur durch die unangemessene Geschwindigkeit der Autos so erscheint. Die derzeit in Österreich geführte Diskussion beinhaltet noch einen zusätzlichen und ebenso kuriosen Zungenschlag: Die schwächeren Verkehrsteilnehmer werden angeblich „bevorzugt“ und die Autofahrer fühlen sich dadurch „massiv und ungerechtfertigt benachteiligt“. Bekanntlich aber können auch in Österreich Autos von jedem Punkt zu einem anderen auf Autoverkehrsflächen gelangen; Fußgänger müssen, wenn sie die Fläche ihres Häuserblockes verlassen müssen, diese für sie gefährlichen Flächen queren. Mit Zebrastreifen kann man die Benachteiligung des Fußverkehrs in den Städten etwas abschwächen, aber keineswegs aufheben oder gar umkehren.

In Deutschland ergaben erst Ende des letzten Jahrhunderts durchgeführte sehr ausführliche Unfallanalysen eine eindeutig nachweisbare Erhöhung der Verkehrssicherheit durch ein möglichst dichtes Netz von Querungsanlagen und keine signifikante negative Ausprägung von Fußgängerverkehrsunfällen an Zebrastreifen. Diese waren nicht unsicherer als eine Querung an einer Lichtsignalanlage mit gleichzeitigen Abbiegeverkehr bei Grün für Fußgänger und anderen latenten Gefahren.Nur zahlreiche „Querungshilfen“ vermindern letztlich das Unfallrisiko.

Diese zumeist vom Bundesverkehrsministerium beauftragten Untersuchungen bestätigten nicht nur die jahrzehntelangen Forderungen des FUSS e.V. Fachverband Fußverkehr in Deutschland. Sie führten dazu, dass seit dem Jahr 2002 „Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001)“ gelten, die die Einrichtung von Zebrastreifen nahelegen und gleichzeitig verbesserte Sichtbeziehungen vorschreiben, sowie die Einbeziehung weiterer baulicher Maßnahmen empfehlen. Obwohl die Einführungen in den Bundesländern teilweise unterschiedlich aussehen, kann in Deutschland von einer Renaissance der Zebrastreifen gesprochen werden. In Berlin, mit einem erweiterten Einführungserlaß, wurde gerade das erste „100-Zebrastreifen-Programm“ beendet und ein neues aufgelegt. Darüber hinaus beabsichtigt die Stadtverwaltung, die bisherige Obergrenze von ca. 150 Fußgängern pro Stunde höher zu setzen, weil sehr viele Fußgängerüberwege mittlerweile diese Anzahl deutlich überschreiten und sie dennoch weder den Autoverkehr behindern noch zu mehr Unfällen führen.

Quellennachweise:

  • Westphal, E., Herzog-Schlagk, B.: Zebrastreifen - Schritte zur Fußgängerstadt, FUSS e.V. (Hrsg.), 2002, 56 S., 5,- Euro,
  • Renaissance der Zebrastreifen, fußnote 4, AG Fußverkehr von SRL und FUSS e.V. (Hrsg.), 2002, 4 S., 0,50 Euro, jeweils plus Porto und Verpackung, FUSS e.V. Exerzierstr. 20, D-13357 Berlin,Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Weitere Informationen:

 

Dieser Beitrag von Bernd Herzog-Schlagk erschien im VCÖ-Magazin – Österreichs Zeitschrift für Mobilität und Zukunft, Ausgabe März 2007.

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