Am 6. Juni verhandelt das Bundesverwaltungsgericht, ob Kommunen weiter untätig bleiben dürfen, wenn Autos regelwidrig auf Gehwegen abgestellt werden. Wir hoffen auf ein wegweisendes Urteil, welches für mehr Sicherheit auf Gehwegen sorgt.
Freie Wege für alle statt Parkplätze für wenige
In vielen Städten und Gemeinden wird das Parken auf Gehwegen seit Jahrzehnten stillschweigend geduldet, ohne dass die Ordnungsbehörden dagegen vorgehen. Dies führt dazu, dass Geh- und Radwege von illegal geparkten Autos blockiert werden. Das führt zu Gefahrensituationen für Kinder, Rollstuhl- und Rollator-Nutzende sowie Radfahrende.
In Leipzig wird nun eine Klage von Bürger:innen aus Bremen verhandelt. Das Urteil hat bundesweite Bedeutung: Bei einem Erfolg hätten Anwohnende in ganz Deutschland eine Handhabe. Sie könnten dann von ihrer Straßenverkehrsbehörde verlangen, dass gegen das Parken auf Gehwegen vorgegangen wird. Daher blicken wir gespannt in Richtung Leipzig. Wir sind am 6. Juni ab 9 Uhr vor dem Bundesverwaltungsgericht und informieren über das Parken auf Gehwegen.
Falschparker-Aktion in Essen
Unsere Ortsgruppe Essen hat zusammen mit dem RadEntscheid Essen am 31. Mai mit Luftballonen in der Sommerfeldstraße (Margarethenhöhe) falsch parkende Fahrzeuge markiert. Wiederholte Zählungen durch die Ortsgruppe ergaben, dass hier regelmäßig 50 bis 60 Autos behindernd und teilweise sogar gefährdend auf dem Gehweg geparkt sind. Bereits eine Woche vorher wurden Flyer in der Nachbarschaft verteilt, in denen gebeten wurde, die Gehwege freizuhalten. Dennoch bot sich am Tag der Aktion leider das vertraute Bild mit vielen parkenden Autos auf den Gehwegen. Die Initiative positionierte Luftballone mit Halteverbot-Zeichen bei den falsch parkenden Autos. Die lokalen Medien begleiteten die Aktion und berichteten (so auch die WAZ, Video). Die Essener haben bereits Lösungen für die Situation parat: ein Quartiersparkhaus, Poller zum Schutz der Gehwege sowie Bußgelder für Falschparker. Es sind bereits weitere Aktionen in Essen geplant, die auf den Missstand hinweisen.
Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick der jetzigen rechtlichen Regelungen. Wer tiefer einsteigen möchte, findet hilfreiche Dokumente und Links.
Höhere Bußen, mehr Ämterpflichten
Ein Gerichtsurteil und erhöhte Bußgelder bieten Chancen, zugeparkte Gehwege wieder ihrem Zweck zuzuführen. Welche Regeln gelten und wie eng der Rahmen für legales Parken ist, dokumentieren wir auf 50 Seiten zum Gehwegparken.
Das Verwaltungsgericht Bremen hat ein Aufsehen erregendes Urteil gefällt (Az 5 K 1968/19 vom 22.02.2022); das Oberverwaltungsgericht hat es bestätigt: Behörden müssen gegen dauerndes Falschparken einschrieten, wenn „die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, wozu auch der Fußgängerverkehr zählt …, erheblich behindert wird“. Würde hier „nicht eingeschritten, stünden die Kläger faktisch rechtsschutzlos. Die Personen, die verkehrsordnungswidrig aufgesetzt parken, können sich auch nicht auf ein „Gewohnheitsrecht“ des aufgesetzten Gehwegparkens berufen und selbst keine schutzwürdigen Belange ins Feld führen.“ Die Zusammenfassung vom Verwaltungsgericht gibt es hier und die ausführliche Urteilsbegründung hier.
Dass Städte beim Falschparken nicht systematisch weggucken dürfen, bestätigt auch ein Aufsatz in der renommierten Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht. Der Autor Jonas Höltig analysiert die Rechtslage und fasst bündig zusammen: „Kommunale Dienstanweisungen, die das Gehwegparken grundsätzlich dulden, sofern bestimmte Restgehwegbreiten verbleiben, sind rechtswidrig.“ Mehr dazu hier.
Bußgeldkatalog verlangt mehr Ahndung
Falschparken auf Gehwegen ist ohnehin seit November 2021 kein Kavaliersdelikt mehr: Im erneuerten Bußgeldkatalog sind die Geldsummen drastisch erhöht und es drohen Punkte in Flensburg. Wo Autobesitzer den Menschen zu Fuß Schutz- und Verkehrsraum nehmen, dürfen Polizei und Ordnungsämter viel seltener ein Auge zudrücken als bisher. Hierzu und zu vielen anderen Themen rund ums Gehweg-Parken informiert unsere Broschüre "Parken auf Gehwegen".
Mit dem erneuerten Bußgeldkatalog ist verbotenes Parken auf Gehwegen rechtlich ein schwerer Verkehrsverstoß geworden. Bei Überschreiten einer Stunde oder bei Behinderung des Fußverkehrs wird ein Bußgeld von mindestens 70 Euro fällig. Zusätzlich wird ein Punkt in Flensburg eingetragen. Nach der Rechtsprechung wird liegt schon dann eine Behinderung vor, wenn Zufußgehende nicht mehr nebeneinander gehen oder sich störungsfrei begegnen können.
Zu den rechtlichen Regelungen und Möglichkeiten beim Gehweg-Parken bestehen teils erhebliche Wissenslücken - nicht nur bei Menschen, die zu Fuß oder im Auto unterwegs sind, sondern auch in Verwaltung und Politik. Die Broschüre stellt ausführlich dar, wo das Parken auf Gehwegen (leider) erlaubt, wo es verboten ist und was Verstöße kosten. Viele Kommunen geben bisher Teile von Gehwegen zum Parken frei, auch wenn sie das gar nicht dürfen. Zu dieser Fragestellung werden die einschlägigen Vorschriften allgemeinverständlich erklärt und relevante Gerichtsurteile zitiert. Außerdem zeigen wir Lösungswege, wie Parkdruck und Parksuchverkehr auch auf legale Weise gemindert werden können.
Infos und Materialien zum Parken auf Gehwegen
Download
Wie Sie gegen angeordnetes Gehwegparken vorgehen können, erfahren Sie in unserer Dateiensammlung.
Die Broschüre „Parken auf Gehwegen“ gibt es bei uns kostenlos zum Download.