Kinder gehen's an

Kinder gehen's an

Hier ist kein Platz für uns (Foto: Lina Heidenthal)

Die Projektaktivitäten in Aachen hatten am 3. Oktober 2021 begonnen. In Kooperation mit der Grundschule Mataréstraße in Aachen fand zunächst ein Kennenlerntag des Projektteams mit einer Kindergruppe von zehn acht- bis neunjährigen Schülerinnen und Schülern statt.

Unter dem Motto „Was macht euch Spaß?“ beschrifteten die Schülerinnen und Schüler Kärtchen mit ihren Hobbys und anderen Lieblingsbeschäftigungen. Im Anschluss wurden die Ergebnisse gesammelt. In einem angeleiteten Pantomime-Spiel stellten die Kinder ihre Bewegungswelt vor der Schule oder in ihrer Freizeit dar. Dabei wurde deutlich, was den Kindern Spaß macht und wie sie sich gerne fortbewegen möchten - nämlich lieber selbst, als durch ein Auto oder einen Bus bewegt zu werden.

Damit das Thema Bewegung nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch angegangen wird, versammelte sich die Gruppe daraufhin auf dem Schulhof. Die Schülerinnen und Schüler hatten die Aufgabe bekommen, sich nach ihren Vorlieben zu bewegen. Im Anschluss wurde evaluiert, was gut funktioniert hat und wo es Probleme gab. Das gemeinsame Resultat und der Abschluss des ersten Projekttages waren, dass ein konfliktfreies Miteinander nur durch eine klare Einteilung des Raums erreicht werden kann.

Zum Auffrischen der Erkenntnisse begannen die Schülerinnen und Schüler den zweiten Projekttag am 8. Oktober 2021 erneut mit dem Pantomime-Spiel und stellten ihre Bewegungen auf dem Weg in die Schule dar. Gemeinsam versuchte die Gruppe herauszufinden welche Regeln, Verbote und Möglichkeiten die Bewegung auf dem Schulhof mit sich bringt. Um diese zu verorten, wurde ein Plan des Schulhofes genutzt. Die Kinder stellten fest, dass sie die Möglichkeit haben, viele Bewegungsspiele zu nutzen, allerdings sind Fahrrad- oder Rollerfahren auf dem Schulhof verboten. Das Formulieren von klaren Regeln, die auf dem Schulhof herrschen, fiel den Kindern jedoch schwer.

Im nächsten Schritt nahmen die Schülerinnen und Schüler die "stille Beobachterrolle" ein und dokumentierten, alles was ihnen auf dem Schulhof Positives und auch Negatives auffällt. Den Kindern fiel auf, dass die Schülerinnen und Schüler teilweise keine Rücksicht aufeinander nehmen, dass Gegenstände die ungestörte Bewegungsfreiheit verhindern, oder der Platz nicht zulässt, dass verschiedene Spiele zur selben Zeit durchgeführt werden. Außerdem stellten sie fest, dass nicht jeder Raum für jede Bewegung geeignet ist.

Wo geht es hier weiter? (Foto: Lina Heidenthal)

Um die Schüler:innen zu befähigen sich in der Umgebung ihrer Schule eigenständig bewegen und orientieren zu können, haben wir mit ihnen viele Wege in der der Umgebung der Schule begangen. Wir haben dabei darauf geachtet, dass diese Wege für die Schüler:innen interessant und an ihren Alltag angepasst sind. Wie z.B. durch das Einbinden von Geschäften, dem Tierpark oder einfach das Haus einer Freundin / eines Freundes in den Weg. Damit die Schüler:innen nicht nur Gefallen am Erkunden von Wegen entwickeln, sondern sich auch kompetent und sicher im Straßenverkehr bewegen können, haben wir mit ihnen auf dem Verkehrsübungsplatz Aachen, Übungen zu einem sicheren Umgang im Straßenverkehr, sowohl zu Fuß, als auch mit dem Fahrrad gemacht. Dabei war es außerdem spannend die Regeln im Straßenverkehr zu vertiefen und verschiedene Schilder, die für die Schüler:innen wichtig sind, kennenzulernen.

Mit dem neu gewonnen Wissen ging es wieder auf die Straße, wo die Schüler:innen dieses anwenden konnten. Daraus folgte, dass sie die Wege immer selbstbestimmter wählten und auch verschiedene Wege ausprobierten. Im Anschluss ging es dann von der Orientierung auf der Straße zu der Orientierung auf Karten, indem wir mit den Schüler:innen übten, wie man auf einer Karte etwas findet und wie sie dies beschreiben können. Mit diesen Kenntnissen stiegen wir in die Arbeit mit dem Kieler Wegetagebuch ein.

Wir haben die gesammelten Erkenntnisse auch an weitere Kinder einer anderen Klasse herangetragen. Des Weiteren haben wir eine Aktion von der Schule unterstützt, wobei die Schüler:innen die Eltern auf die Elternhaltestelle und die Autosituation vor der Schule aufmerksam gemacht haben.

 Die Projektergebnisse und Handlungsfelder wurden am 18. November 2022 der Schulleiterin und der Mobilitätsbeauftragten der Schule vorgestellt und mit ihnen diskutiert:
Zu Beginn unserer Begehungsgänge zeigte die Schüler:innen sehr verunsichert im Straßenverkehr. Sie fühlten sich nicht gesehen und deshalb auch gefährdet, und hatten
teilweise sogar Angst, die Straße zu überqueren. Das Selbstbewusstsein und ihre Selbsteinschätzung waren augenscheinlich gering ausgebildet. Die Konsequenz war ein
geringer Antrieb und eine sehr geringe Eigenständigkeit, eigene Wege zu suchen oder gar selbstständig zu begehen. Durch gezielte Schulung und Übungen auf dem Verkehrsübungsplatz und praktische Anwendung bei den verschiedenen Begehungen der Schulumgebung wurden die Schüler:innen zunehmend kompetenter und damit auch selbstsicherer. Auch die Erkenntnis der Orientierungsmöglichkeit durch Karten eröffnete den Schüler:innen neue Perspektiven und damit auch einen interessierteren Umgang mit ihrer Umgebung, in der sie sich aufhalten und bewegen können. Den größten Profit haben daher sicherlich die Projektschüler:innen selbst aus dem Projekt gezogen. Man konnte praktisch zusehen, wie ihre Verkehrskompetenz und Verhalten im Verkehr im Laufe des Projektes zunahmen. Dazu beigetragen hat sicherlich auch, dass die Kinder gefragt wurden, sich gehört fühlten und ihre Meinungen und Ideen einbringen konnten. Damit konnte man förmlich Selbstbewusstsein und Eigenverantwortlichkeit wachsen sehen. Ein zusätzlicher und weiterreichender Kompetenzgewinn war durch die Weitergabe und Vermittlung ihres Wissens an ihre Mitschüler:innen bei den Workshops auf dem Schulhof und dem Verkehrsübungsplatz gegeben. Hier sind sie aus der Schüler:innen - in die Lehrenden- Rolle gewechselt, haben Verantwortung und Führungsaufgaben übernommen, konnten Konflikte schlichten, was ihnen offensichtlich viel Spaß und sie auch stolz gemacht hat. Neben Eigenverantwortlichkeit übernahmen sie jetzt auch Verantwortung für andere.

Wir möchten uns explizit bei der Schulleiterin der Montessori-Grundschule Mataréstraße, Aachen, Dagmar Gegenmantel bedanken, die uns die Möglichkeit gegeben hat, das Projekt auch in diesen schwierigen Zeiten unter den außergewöhnlichen pandemischen Rahmenbedingungen durchzuführen.
Bedanken möchten wir uns sehr herzlich bei Daniel Maßberg, der als Gruppenleiter der OGS unser entscheidendes Bindeglied zur Projektgruppe war, uns sehr tatkräftig bei der Erstellung von Materialien behilflich gewesen ist und nicht zuletzt durch sein persönliches Engagement dafür ausschlaggebend war, dass die außerschulischen Veranstaltungen organisatorisch und finanziell ermöglicht wurden.
Bedanken möchten wir uns auch bei Jana Gevers als Mobilitätsbeauftragte der Montessori-Schule Mataréstraße, die sich insbesondere für die Beteiligung der Projektgruppe an der DenkundDankaktion und das Zustandekommen und Mitorganisation des Workshops auf dem Verkehrsübungsplatz der Stadt Aachen engagiert hat.


Ansprechpartner in Aachen



Edmund Heidenthal

E-Mail: edi.heidenthal[at]t-online.de
Tel.: 0178 80 99 236